: Zuckerschwemme drückt die Preise
■ Auf dem Weltmarkt herrscht ein Zuckerüberschuß — trotz Rückgang der Produktion in der dritten Welt/ Erzeugerländer hoffen auf Preisstabilisierung/ EG exportiert subventionierten Zucker
Mexiko-Stadt (ips/taz) — Die Preise für Rohstoffe purzeln weiter in den Keller. Der Kaffeepreis hat längst einen Tiefststand erreicht, auch Kakao wird immer billiger. Ein zunehmender Verfall der Welthandelspreise droht auch dem Zucker. Schlechtes Wetter, technische und finanzielle Probleme in mehreren Dritte-Welt-Ländern sowie die jüngsten Unruhen in Thailand könnten den Preisabtrieb bei dem Rohstoff noch aufhalten, glauben die Experten der Gruppe lateinamerikanischer und karibischer Zuckerexporteure (GEPLACEA), die sich am Wochenende in Mexiko-Stadt trafen. Doch die britischen Handelshäuser geben sich nicht so optimistisch: Sie revidierten ihre Prognosen über den Zuckerüberschuß 1991/92 in der vergangenen Woche nach oben.
In Kuba, einem der weltgrößten Zuckerproduzenten, wird für dieses Jahr aufgrund der schlechten Witterung und fehlender Betriebsmittel in den Fabriken eine Zuckerproduktion von unter sieben Millionen Tonnen erwartet. Die interne Wirtschaftslage Kubas könnte sich noch verschlimmern, nachdem aus Rußland, dem wichtigsten Partner im Tauschhandel, ein 14prozentiger Rückgang der Erdölförderung bekannt wurde. Bereits zuvor hatte der GUS-Staat eine Reduzierung seiner Zuckerimporte aus Kuba angekündigt.
In Mexiko stehen etwa 20 der rund 60 Zuckerfabriken vor dem Zusammenbruch, wurde ebenfalls letzte Woche bekannt. Die Massenentlassungen von Arbeitern halten an; die Mehrzahl der Unternehmer sind gegenüber ihren Arbeitnehmern mit der Zahlung von 30 Millionen US- Dollar an Sozialleistungen im Rückstand. In Thailand haben die schlimmsten Unruhen seit 20 Jahren zu Verzögerungen beim Transport von Zuckerrohr und dessen Verladung auf die Schiffe geführt, so die GEPLACEA-Experten. Die thailändischen Produzenten haben zusätzlich zu den politischen Problemen auch noch mit klimatischen Schwierigkeiten zu kämpfen, die die diesjährige Zuckerproduktion auf unter eine halbe Million Tonnen absinken ließen — ein Fünftel der Vorjahresproduktion. Der Iran gab durch internationale Ausschreibung sein Interesse am Verkauf von sieben Zuckersiedereien mit angeschlossenen Raffinerien bekannt. Die Fabriken sollen eine Verarbeitungskapazität von jeweils 10.000 Tonnen Zuckerrohr pro Tag haben.
Die Experten des britischen Handelshauses C. Czarnikow haben allerdings letzte Woche ihre Prognose für die weltweite Zuckerproduktion 1991/92 auf rund 113,13 Millionen Tonnen und damit leicht nach oben korrigiert. Zuvor lag sie bei 112,27 Millionen Tonnen. Die Nachfrage wird nach der neuen Prognose ebenfalls leicht auf 111,29 Millionen Tonnen ansteigen — bisher lag die weltweite Nachfrage nach dem Rohstoff bei 110,89 Millionen Tonnen.
Der erwartete weltweite Produktionsüberschuß bei Zucker würde sich damit jedoch von bisher 1,38 auf 1,84 Millionen Tonnen erhöhen. Bei Czarnikow glaubt man deshalb an keine Erholung der Preise. Die Kollegen bei „E.D. and F. Man“ erwarten für 1991/92 gar eine Überproduktion von 3 Millionen nach bisher 1,58 Millionen Tonnen. Auch die EG fördert den Preisdruck auf dem Weltmarkt: Sie gab in der vergangenen Woche den Export von 94.530 Tonnen Zucker bekannt. Jede Tonne Zucker wird mit 515 US-Dollar subventioniert werden.
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