: Guttempler: Geschichte nüchtern aufarbeiten
■ Nazizeit kein „Weg des Kompromisses“
Der deutsche Guttempler-Orden will seine Rolle in der Zeit der Nazi-Diktatur gründlicher als bisher untersuchen. Das kündigte der Vorsitzende der Abstinenzvereinigung, Erich Hünecke, am Sonntag zum Abschluß eines viertägigen Bundestreffens am Sonntag in Oldenburg an. Anlaß für die Aufarbeitung dieses Kapitels in der 100jährigen Geschichte des Ordens sind jüngste Vorwürfe von Kritikern, die Vereinigung habe ihre Rolle unter den Nazis und die Verletzung eigener Prinzipien verdrängt.
Hünecke sagte in einem Gespräch mit dpa, der Orden geglaubt, daß das Geschichtskapitel mit einer „Entnazifizierung“ nach dem Krieg und der folgenden Wiederaufnahme in internationale Organisationen erledigt gewesen sei. Im vergangenen Jahr hatte der Orden auf den Vorwurf unzureichender Geschichtsbewältigung mit der Erklärung reagiert, der „Weg des Kompromisses“ in der Nazizeit habe in die Irre geführt. Die Verletzung eigener Grundsätze werde verurteilt und zutiefst bedauert.
Als Beispiel für die Unterwerfung von Guttemplern unter die Nazipolitik wertet der Oldenburger Schriftsteller Klaus Dede die Rolle des Guttemplers Heinrich Nobel. Als späterer Fachbeauftragter der Reichsarbeitsgemeinschaft für Rauschgiftbekämpfung im Gau Weser-Ems habe er bereits 1934 an der Einrichtung eines Arbeitslagers für Alkoholabhängige mitgewirkt. Unter KZ- ähnlichen Bedingungen hätten die Insassen Zwangsarbeit in der Torfindustrie verrichten müssen. Eine Guttempler-Gruppe in Bremen benannte sich nach dem gestorbenen Nobel. Sie will jetzt die Namenswahl überprüfen. Die deutschen Guttempler zählen nach eigenen Angaben rund 10.000 Mitglieder. dpa
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