: IRISCHES LOTTOSYNDIKAT GING AUF NUMMER SICHER
Der Traum vom Hauptgewinn
Dublin (taz) — Wer träumt nicht von einem Lottogewinn? 28 IrInnen gingen am Wochenende systematisch vor, um diesen Traum zu verwirklichen. Sie wollten sämtliche 1,9 Millionen Zahlenkombinationen spielen. Eine einfache Rechnung, so schien es: Da der Hauptgewinn beim Spiel „6 aus 36“ seit Wochen nicht mehr gewonnen wurde, war der Topf bereits vergangene Woche auf 1,5 Millionen Pfund (über vier Millionen Mark) angewachsen. Ein Spiel kostet 50 Pence — für 950.000 Pfund (2,56 Millionen Mark) lassen sich also alle Kombinationen abdecken.
Als jedoch die Lottogesellschaft den Braten roch, schaltete sie kurzerhand in zahlreichen Annahmestellen den Computer ab, so daß dem Syndikat zum Schluß noch 100.000 Kombinationen fehlten. Der Versuch, einen Anwalt mit einem Koffer voll Geld und ausgefüllten Lottoscheinen kurz vor der Ziehung am Samstag abend zur Lotto-Geschäftsstelle zu schicken, schlug fehl: Die Annahme wurde verweigert.
Doch schon zwei Minuten nach der Ziehung stürmten 28 Leute aus dem Büro des Syndikats auf die Straße und schwenkten triumphierend den Gewinnschein vor den Kameras von Presse und Fernsehen. Mitten in die anschließende Siegesfeier platzte dann allerdings eine unangenehme Nachricht: Zwei weiteren Spielern war es mit einem Einsatz von 50 Pence gelungen, ebenfalls die richtigen Zahlen zu tippen — der Hauptgewinn mußte geteilt werden. Für jeden blieben knapp 570.000 Pfund (1,54 Millionen Mark) übrig. Da das Syndikat jedoch neben dem Hauptgewinn auch Hunderte kleinerer Gewinne einstrich, kam man immerhin noch auf 1,3 Millionen Pfund.
Hat sich das nervenaufreibende Risiko gelohnt? „Wir freuen uns, den Hauptgewinn mit anderen teilen zu können“, log Paddy Kehoe vom Syndikat. Die Lottogesellschaft überlegt unterdessen, wie sie derartiges Treiben unterbinden kann. Möglicherweise müssen in Zukunft sämtliche Scheine per Hand ausgefüllt werden. Die Meinung der Bevölkerung ist geteilt: Während viele die „großartige Idee“ bewunderten, bezeichneten andere das Syndikat als „Spielverderber“. Ralf Sotscheck
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