: Nullsummenspiel
■ Leere Kassen in Brandenburg/ Finanzdezernenten fordern Rückstellung des »belastenden« Kita-Gesetzes
Potsdam. Finanzdezernenten mehrerer Städte Brandenburgs haben die Rückstellung des Kita-Gesetzes gefordert. Auf einer Anhörung der Landtagsfraktion Bündnis 90 in Potsdam bezeichneten sie das zum 1. Juli in Kraft tretende Gesetz als »Hauptbelastung und Überforderung der öffentlichen Haushalte« und »nicht finanzierbar«.
Nach Auskunft der Finanzdezernenten von Eisenhüttenstadt, Cottbus, Schwedt, Frankfurt (Oder) und vom Landkreis Potsdam kann das Kita-Defizit auch durch bereits erfolgte Streichung von jeweils mehreren hundert Stellen und weitere Kürzungen 1993 nicht ausgeglichen werden. Von untragbar bis »wahnwitzig« ging das Urteil zu den Betrieben des öffentlichen Personennahverkehrs, die überall zum Teil mehrere Millionen gespart haben, aber »ohne höhere Landeshilfen nicht überleben können«.
Die Steuereinnahmen je Einwohner liegen nach Angaben des Bündnis 90 bei rund 20 Prozent der Kommunen in den alten Bundesländern. Sie wurden von allen Sprechern als unerheblich bezeichnet. Die Dezernenten verlangten höhere Schlüsselzuweisungen des Bundes, eine Beteiligung der Kommunen an den Kfz-Steuereinnahmen des Landes, die Subventionierung der öffentlichen Verkehrsbetriebe sowie einen weiteren Personalabbau in Verwaltungen und Kindertagesstätten. Der Bund wurde aufgefordert, seine Komplementärmittelregelungen zu überarbeiten.
Kritisiert wurde auch die mit 20 Prozent zu geringe Beteiligung der Kommunen am Steuerverbund mit dem Bund und den Ländern. Der Abteilungsleiter Haushalt im Potsdamer Finanzministerium, Wolfgang Heitmann, machte aber deutlich, daß mit einer Neuauflage der Investpauschale des Bundes nicht zu rechnen ist und eine Erhöhung des kommunalen Steueranteils zu Streichungen in anderen Bereichen führen werde. Er nannte dies ein »Nullsummenspiel, das den Kuchen insgesamt nicht größer macht«. Er riet, »mit dem auszukommen, was da ist« und »noch wesentlich brutaler in den Personalabbau zu gehen«.
Trotz des schon drastischen Stellenabbaus verzeichnen die Kämmerer der in Potsdam vertretenen Städte Haushaltsdefizite zwischen 20 und 70 Millionen Mark. Lediglich Potsdam, Brandenburg und Lübbenau konnten auf geschlossene Finanzlöcher verweisen. Brandenburgs Stadtkämmerer Andreas Wehnert nannte den Preis der »rigorosen Streichungen«: Notpläne, die schwere Folgen für die Folgejahre haben werden. »Den Vermögenshaushalt einer Stadt auszugleichen ist ganz einfach. Wenn man kein Geld hat, macht man nichts.« adn
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