Bermudadreieck der Immobilienhaie

■ Im Speckgürtel der Finanzmetropole Frankfurt sowie im Umland explodieren die Mieten

Das Maklergewerbe boomt in der Finanzmetropole der Republik. Wer in Frankfurt nicht bereit ist, drei Monatsmieten an Maklergebühren zu zahlen, Schmiergelder über den Tisch zu reichen und für den Quadratmeter Wohnraum 12,50 bis 25 Mark zu berappen, der braucht sich am Freitag abend die Lokalzeitung vom Sonnabend erst gar nicht zu kaufen und sich in die Schlangen vor den Telefonzellen einzureihen. Im Speckgürtel rund um die Wolkenkratzer werden nicht selten bis zu 4.000 DM für eine Dreizimmerwohnung verlangt — und gezahlt: von fernöstlichen Kreditinstituten für ihre Topmanager am Main, von den „Masters of the Universe“ aus den oberen Etagen der Börse und von den Senkrechtstartern aus der Werbebranche.

Doch auch im Umland des Molochs, in dem inzwischen mehr Menschen arbeiten als wohnen, steigen die Mieten bedrohlich an. Die Region Frankfurt-Mainz- Wiesbaden-Darmstadt ist zum Bermudadreieck avanciert, in dem sich die Immobilienhaie tummeln und Wohnungen bevorzugt an „gutsituierte Ehepaare mittleren Alters ohne Kinder und Haustiere“ vermietet werden. Mehr als 1.000 Mark kalt für eine Zweizimmerwohnung in einer Kommune mit S-Bahn-Anschluß sind die Regel — und an die Ausnahmen kommen Wohnungssuchende nur noch über Beziehungen heran.

Das Heer der Pendler aus den Regionen an der Peripherie des Landes, in denen es für Normalverdienende (noch) bezahlbaren Wohnraum, aber keine Arbeit gibt, hat die Verkehrsprobleme im gesamten Rhein-Main- Gebiet eskalieren lassen — unseren täglichen Stau gib uns heute, vom Gambacher Kreuz bis Frankfurt/West, von Hanau bis Frankfurt/Ost, von Darmstadt bis zum Frankfurter Kreuz. Pläne der hessischen Landesregierung, über eine Änderung der Bauordnung potentielle Investoren in neu ausgewiesene Gewerbegebiete zu zwingen und parallel dazu Wohnraum für die zukünftigen MitarbeiterInnen zu schaffen, wurden nach einem Aufschrei der Bürgermeister und der kommunalen Spitzenverbände schnell wieder eingestampft. Eine solche Auflage, so die Kirchturmpolitiker, habe „abschreckenden Charakter“. Schließlich leben die Kommunen von den Gewerbesteuer-Einnahmen.

So werden die Mieten im gesamten Rhein-Main-Gebiet weiter steigen — und die Politiker weiter Sonntagsreden halten. Es kann daher kaum eine Überraschung sein, daß die drei rechtsradikalen Parteien, die in Frankfurt zu den Kommunalwahlen im März 1993 antreten wollen (NPD, Reps und FWG), neben der Asylpolitik und der Kriminalität die Wohnungsnot zum Topthema gekürt haben. Klaus-Peter Klingelschmitt