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Prediger läßt 'UPI‘-Presseagentur fallen

■ 'UPI‘ will heute den Betrieb einstellen, falls sich kein Käufer findet/ Fernseh-Evangelist Robertson macht Rückzieher nach Einsichtnahme in die Kassenbücher/ Weitere Verhandlungen laufen noch

Washington (taz/ap/dpa) — Evangelist Pat Robertson hat umsonst auf ein Wunder gewartet. Der amerikanische Fernsehprediger zog am Mittwoch seine Kaufofferte für die zahlungsunfähige US-Nachrichtenagentur 'UPI‘ teilweise zurück, nach dem er einen Blick in die Kassenbücher geworfen hatte. 'United Press International‘, seit April wegen drohenden Konkurses unter Gläubigerschutz, steht nach dem Rückzug des einzigen Übernahmekandidaten nun vor dem Aus.

Nach einer Anhörung vor dem Konkursgericht am Mittwoch erklärten die Anwälte der Agentur, bis Freitag 24 Uhr müßte ein Käufer gefunden sein, sonst werde der Betrieb eingestellt. Zwar wird weiter mit möglichen Investoren verhandelt, doch erfolgversprechend scheint der neue Rettungsversuch nicht zu sein. So gestand denn auch 'UPI‘-Präsident Pieter van Bennekom kleinlaut ein, daß die Optionen der Firma unter dem Zeitdruck ziemlich begrenzt seien. Bis zur Aktion vor einem Monat (siehe taz vom 14.5.) hatten sich im laufenden Jahr Ausgaben von 52,8 Millionen Dollar und Einnahmen von lediglich 18,2 Millionen gegenübergestanden.

Angesichts der tiefroten Zahlen hätte nur eine himmlische Hand dem geschäftstüchtigen Robertson den Traum erfüllen können, sein Medienimperium um die einst renommierte Presseagentur zu vergrößern. Der Prediger bot am Mittwoch nur noch 500.000 Dollar für den maroden Laden und teilte mit, eine Sanierung werde 31 Millionen Dollar verschlingen, verteilt über einen Zeitraum von 18 Monaten. Das fast 85 Jahre alte Unternehmen und seine Gläubiger lehnten wenig später vor einem Konkursrichter in New York das Angebot Robertsons ab.

Bei 'UPI‘, die mit 60 Millionen Dollar bei ihren Gläubigern in der Kreide steht, sind derzeit noch rund 500 Mitarbeiter beschäftigt. Als weiteren Grund für seinen Rückzieher nannte Robertson die zurückgehende Abnehmerzahl des Nachrichtenangebots von 'UPI‘. Auch CBN hatte kürzlich 'UPI‘ zugunsten der Nachrichtenagentur 'Associated Press‘ ('ap‘) abbestellt. Robertson, dem der christlich ausgerichtete Sender Christian Broadcasting Network (CBN) gehört, erklärte zwar, er wolle sein Kaufangebot für 'UPI‘ modifizieren. Er habe seine Anwälte angewiesen, die Aussichten zu prüfen, nur noch einzelne Teile sowie den Agenturnamen zu erwerben — doch bis dahin gibt es die Nachrichtenagentur gar nicht mehr.

Auf einer Versteigerung Mitte Mai hatte Robertson als einziger Bieter den Zuschlag für den Kauf der 85 Jahre alten Nachrichtenagentur erhalten. Er hatte sich vor allem für den Rundfunkdienst von 'UPI‘ interessiert, der aber technisch erheblich verbessert werden müsse. Sein Gebot lag damals bei sechs Millionen Dollar. Ihm waren 30 Tage zur Prüfung der 'UPI‘-Finanzen eingeräumt worden, um seine Offerte zu bestätigen. Die Agentur war lange Zeit die zweitgrößte Nachrichtenagentur in den USA nach 'ap‘. Den aktuellen Bilderdienst hatte 'UPI‘ bereits vor Jahren an die britische Agentur 'Reuters‘ verkauft. es

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