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Was bitte ist „Feuilleton“?

■ „Notfall Musikkritik“: Dacapo lud KritikerInnen und LeserInnen zur Diskussion

Kann man über Filme im Hörfunk reden? Wie kann man über Musik schreiben? Zum Thema „Musikkritik in Bremen“ hatte Dacapo am Mittwoch den Hamburger Buchautor Lutz Nesle („Notfall Musikkritik“) und sieben Bremer Musik-JournalistInnen eingeladen — 14 interessierte LeserInnen waren gekommen. Aber selbst denen konnten es die versammelten AutorInnen nicht recht machen. Mehr sachliche Darstellung, mehr gediegene Sprache wollte die eine, mehr Engagement für bremische Kulturproduzenten der andere.

Kann Musikkritik objektiv sein? Für wen schreiben die Kritiker? Die Fragen (und Antworten) des Referenten Nesle verloren sich schnell in der Kontroverse um das „Feuilleton“. Die Weser- Kurier-Musikkritikerin Ute Schalz-Laurenze sieht Musikkritik als kritische Instanz. Weder von den kulturpolitischen Nöten noch von „großen Namen“ dürfe sie sich beeinflussen lassen, sondern allein die „zu Form und Struktur geronnene Emotion“ analysieren — auch wenn jedes Urteil subjektiv sei, habe das Empfinden „aus dem Bauch“ in der Musikkritik nichts zu suchen. Den Vorwurf arroganter Sprache wies sie zurück: Auch auf der Sportseite werden nicht erklärt, was „Abseits“ heißt.

Damit mochte sich in dem Raum der Galerie Rabus niemand so recht abfinden. Die Leser erwarteten von der Musikkritik „Entscheidungshilfen“, hatte der Referent Nesle aus empirischen Umfragen berichtet. „Warentest für Leser“, nannte das abfällig der taz-Kulturredakteur Manfred Dworschak. Solange sich über Musik nur die „ausgeleierte Mechanik“ der Musikkritik äußere, könne eine lebhafte Kommunikation über musikalische Fragen schwerlich zustandekommen. Warum nicht ab und zu Pro- und Contra-Rezensionen, um die Subjektivität der Urteile nicht nur zu behaupten, sondern einmal zu zeigen? Warum nicht Gespräche mit umstrittenen Interpreten? Warum nicht „neue Zugänge zur Musik“ öffnen, warum nicht mal „Probenreports über die Abenteuer der Produktion“; warum nicht mal den Paukisten befragen zum Tänzerischen in der Neuen Musik und den Mezzosopran zur Opern-Jetsetterei und den Komponisten von Nebenan zum Notationsproblem? „Einladung zum Hören“ statt „Hinterhergebelle“ (Nesle)?

Ute Schalz-Laurenze fand die Idee „aufregend“, das Feuilleton einmal „ganz anders“ zu machen, sorgte sich aber um die Rolle der Musikkritik als „kritische Resonanz“, wenn Künstler selbst zu viel zu Wort kommen würden. Das Problem des Feuilleton des Weser-Kurier ist zudem ein anderes. Zumindest im Bereich der „E-Musik“ verteilt der Ressortchef die Termine, da gibt es eben ein „Muß“ und wenig Spielraum für Experimente der Form. Während im Bereich der Pop-Musik offenbar eine lange Leine der Redaktion mehr Spielraum läßt, versucht das „Feuilleton“ mit vermehrten Texten zu überregional bedeutsamen Ereignissen den Stallgeruch von „nur Bremer Lokalzeitung“ loszuwerden. Also „einfallslos, ermüdend, langweilig“, wie eine Teilnehmerin der Diskussion formulierte — sie sei eigentlich nur gekommen, um das - „um der Kunst willen“ — dem WK-Feuilleton-Chef Marzluff ins Gesicht zu sagen. Der hatte aber hatte die Diskussionsrunde gemieden mit der Begründung, er wolle einer Situation fern bleiben, in der er genötigt werden könnte, Unternehmensinterna auszuplaudern. K.W.

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