: »Prinz Weichherz« zum letzten Mal im DT
Junge Prinzen haben gemeinhin ein allzu weiches Herz, darum sind sie noch nicht König. Ihnen wird das Leben zur Prüfung: Vom Machtalltag des Herrschens weise bewahrt, muß sich ihre Tauglichkeit erst erweisen. Kein leichter Weg, auf dem die frühen Idealismen durch die profane Welt zu retten sind. Das Märchen, dem Prinz Weichherz entstammt, macht es seinem Helden auch nicht leicht, das Glück zu finden. Auf der Suche nach der Liebe, nach der zu ihm passenden Prinzessin, erfährt er die Drangsale der arbeitenden Bevölkerung ebenso wie die Machtrituale fremder Völker. Immer wieder macht er was falsch und stößt auf Unverständnis. Die kleine, wunderschöne Prinzessin, die er findet, kleidet er in immer mehr Kleider, bis sie fast erstickt und sich schließlich von den Geschenken und von ihm wieder befreit.
Die Gruppe RambaZamba theatralisiert die Geschichte mit rhythmischem Trommelwirbel und unglaublicher Situationskomik. In liebevollen Bildern, die mit einfachsten Mitteln arbeiten, wird der Lebensweg des Prinzen nachgezeichnet. Kostüme und Musik spielen dabei eine hervorragende Rolle — nicht nur, um den theatralen Aspekt zu verstärken, sondern auch als Hilfe für die Akteure, denn der Verein Sonnenuhr, aus dem die Theatergruppe hervorgegangen ist, setzt sich aus Behinderten und Nichtbehinderten zusammen. Gerade für geistig Behinderte aber ist die Glaubwürdigkeit des gespielten Moments wichtiger als aller Schein, und so wird die Erzählung von Prinz Weichherz zu einer theatralen Meisterleistung, die jeden professionellen Schauspieler und jeden noch so amateurhaften Zuschauer in Bann schlagen muß. Der Besuch dieser Veranstaltung, der bar jeder Mitleidsduselei ist, kann zu den ganz elementaren Theatererlebnissen gezählt werden. Mit einer immer wieder unter Beweis gestellten Spontaneität improvisiert das Ensemble unter Anleitung einer Spielleiterin so leicht und direkt, daß der Funke unabdingbar aufs Publikum überspringt. Selten kann man eine solch anrührende und urtümliche Ehrlichkeit auf der Bühne erleben.
Nicht zu Unrecht wurde diese herausragende Produktion zum gerade abgelaufenen Theatertreffen der Jugend eingeladen und entfachte dort einen wahren Begeisterungssturm. Das von einem geistig behinderten Maler und Schreiber, Georg Paulmichi, vorgegebene Gedicht wurde durch sensible Improvisation zu einer humorvollen und tiefsinnigen Handlung über das Schicksal derer, die sich in dieser Welt behaupten müssen, ausgestaltet. Beileibe kein soziales Aushängeschild, sondern eine Bestätigung für all die, die noch nicht aufgegeben haben, im Theaterbesuch ein Gefühl der Gemeinschaft, Wärme und Nähe erfahren zu können. Eine ganz seltene Begebenheit, die wie eine warme Dusche— oft entbehrter — Menschlichkeit auf die Teilnehmer herabgeht und die jetzt zu Recht noch einmal im Deutschen Theater gezeigt wird. baal/Foto: DT
Letzte Vorstellung: heute, 18 Uhr, im Deutschen Theater
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen