Europaparlament will Jäger 90 retten

Berlin (taz) — „Rettet den Jäger 90!“ So lautet die neueste parteien- und länderübergreifende Parole europäischer PolitikerInnen. ParlamentarierInnen beinahe aller Fraktionen im Europaparlament machten sich am Donnerstag für die Kriegsflugzeuge stark — ebenso wie britische Unterhausgeordnete jedeweder politischer Couleur. Mit 1.000 Briefen an Abgeordnete des Deutschen Bundestages wollen die BritInnen das deutsche „Nein“ abwehren. Die EuropaparlamentarierInnen machten deutlich, daß sie dem Jäger 90 entgegen den Beteuerungen der Bundesregierung eine wichtige Rolle in der künftigen europäischen Sicherheitspolitik zugedacht haben.

Mit den Schlagworten „Arbeitsplätze“, „Technologie“, „paneuropäische Zusammenarbeit“ und „haushaltspolitische Auswirkungen“ erinnerte eine Mehrheit der EuropaparlamentarierInnen am Donnerstag die Bundesregierung an ihre vermeintlichen Pflichten. Bonn erwägt den Ausstieg aus dem Projekt, das als zu teuer gilt. Die Entscheidung soll bis zum Sommer fallen.Widerstände gibt es allerdings in der CSU. Neben 40.000 Arbeitsplätzen seien die beteiligten Unternehmen in Deutschland, Italien, Spanien und Großbritannien von einer derartigen Bonner Entscheidung betroffen, lamentierten die sonst eher pazifistisch daherkommenden EuropaparlamentarierInnen. Auch der „Besitzstand der Luftfahrtindustrie“ sei durch Kürzungen bei den Rüstungsausgaben in Gefahr, heißt es in der von Sozialisten und Konservativen gemeinsam eingereichten Resolution. Projekte wie der Jäger 90 seien außerdem wichtig, damit die EG technologisch Schritt halten und ihre Wettbewerbsfähigkeit sichern könne. Gegen den Text stimmten die Grünen und Liberalen, sowie ein paar SozialdemokratInnen und ChristdemokratInnen.

Einzelne Abgeordnete bezeichneten die Resolution angesichts der veränderten politischen Lage als „anachronistisch“. Der Jäger 90 sei zu Zeiten des kalten Krieges konzipiert worden; heute gebe es dafür keine Verwendung mehr, stellte der SPD- Abgeordnete Detlev Samland fest. „Wir brauchen dieses Kampfflugzeug nicht mehr“, meinte der CDU- Politiker Elmar Brok. Die Forderung, Waffen zu produzieren, um Arbeitsplätze zu erhalten sei unsinnig und demagogisch, befand der Vorsitzende der liberalen Fraktion, Yves Galland.

Die Grüne Abgeordnete Hiltrud Breyer bezeichnete vor allem das Abstimmungsverhalten deutscher SozialdemokratInnen als „Abschied von der Friedenspolitik“. Die Debatte im Europaparlament zeige auch, daß der Jäger 90 bereits für die Europäisierung der Militärpolitik eingeplant sei, sagte Breyer in Straßburg. dora