: Krabbe lahmt trotz Rückenwind
■ Der Saisonstart war ein Flop: Statt des Finallaufes verlas Katrin Krabbe Schuldzuweisungen
Neubrandenburg (dpa/taz) — Die 22jährige Katrin Krabbe erlebte am Samstag bei ihrem Debüt in die olympische Sommersaison in ihrer Heimatstadt Neubrandenburg einen weiteren Rückschlag und ist von einer Olympia-Teilnahme in Barcelona weiter entfernt als zuvor. Anstelle eines erhofften Spitzenwertes, mit dem sie es allen Zweiflern im Vorfeld der Verhandlungen vor dem Schiedsgericht des Internationalen Leichtathletik-Verbandes (IAAF) in London beweisen wollte, gab es einen bösen Fehlstart.
Nachdem die Doppelweltmeisterin von Tokio im Vorlauf über 100 Meter bei den Landesmeisterschaften von Mecklenburg-Vorpommern als Zweite lediglich 11,70 Sekunden (Rückenwind 2,27 m/s) erreicht hatte, verzichtete sie auf das Finale.
Sie fühle sich dem „psychischen Druck nicht gewachsen“, verkündete der Sprecher den 3.000 erwartungsvollen Zuschauern und 111 Medienvertretern aus acht Ländern.
Trainer Thomas Springstein war alles andere als angetan vom Saisoneinstand: „So habe ich mir das nicht vorgestellt. Katrin war der Sache wohl doch nicht gewachsen. Ich hatte ihr 11,10 bis 11,25 Sekunden zugetraut.“ Die Teilnahme an den Olympischen Spiele in Barcelona, die durch die bevorstehende Verhandlung vor dem IAAF-Schiedsgericht schon in weite Ferne gerückt und mehr als zweifelhaft ist, scheint nun auch sportlich kaum noch realisierbar. In einer Woche bei den Deutschen Meisterschaften in München bietet sich für Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller nun die letzte Gelegenheit. Alle drei haben noch keine Olympia-Norm erfüllt.
Auf einer Pressekonferenz machte Katrin Krabbe klar, daß sie erst in der kommenden Woche über ihren Start in München entscheiden wolle, ein Fernbleiben, ihr Verzicht auf Barcelona die „logische Folge“ wäre. Sie habe sich vor dem Lauf noch gut gefühlt, dann sei einfach nichts mehr gegangen. „Ich hätte nicht noch einen Lauf durchgestanden und nicht gedacht, daß ich psychisch so angeknockt bin“, sagte die Sprinterin und fügte an: „Ich fühle mich vom DLV verschaukelt und im Stich gelassen.“ Springstein hofft, daß für seine Schützlinge die Qualifikationsfrist durch den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV) um 14 Tage verlängert werden kann.
Wie Katrin Krabbe selbst sagt, hätten die monatelangen Manipulationsverdächtigungen und das Medieninteresse zum „Reinfall“ geführt. Bei diesem Lauf vor der „Haustür“, mit dem sie allen danken wollte, die in der schweren Zeit zu ihr gestanden haben, hatte sie zwar die moralische Unterstützung mit einem Spruchband „Lieber Krabbe als angeMeyert“ auf ihrer Seite und auch bei der Pressekonferenz Rückendeckung. „Ich habe nicht gedopt, ich habe nicht manipuliert“, sagte sie und brachte in einer mit Beifall bedachten Erklärung ihr Unverständnis darüber zum Ausdruck, daß sich der DLV in London für eine Bestrafung einsetzten will und der Freispruch des DLV-Rechtsausschußes nichts zählt.
Auch Coach Springstein will rechtliche Schritte gegen Theo König in Erwägung ziehen, der im heutigen 'Spiegel‘ behauptet, Springstein soll für die Manipulation der Urinproben von Katrin Krabbe, Grit Breuer und Silke Möller verantwortlich sein. Springstein räumte ein, daß es zwischen beiden auf Betreiben von König zweimal Gespräche gegeben habe. Springstein: „Ich schließe aus, jemals Dopingproben vertauscht zu haben.“ Er bezeichnete König, als „Trittbrettfahrer“, der mit einem „Deal Geld verdienen und alles noch anheizen will“.
König behauptet, Springstein habe ihm erzählt, seinen Läuferinnen statt der Antibabypille andere Tabletten untergeschoben und bei Dopingkontrollen den Urin ausgetauscht zu haben. Auch im Seouler Trainingslager vor der WM in Tokio sei so verfahren worden, nur habe aufgrund des langen Transports Professor Donike aus dem vergammelten Urin keine Analyse-Ergebnisse gewinnen können.
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