SPD kämpft für Schwarz-Schillings Job

In Bonn hat das Tauziehen um die Postreform begonnen: Bleiben die drei Unternehmen bundeseigen?  ■ Von Erwin Single

Bonn (taz) — Regierung und Opposition blasen zur Postreform. Der dreigeteilte Gelbe Riese, darin sind sich die Bundestagsfraktionen von CDU/CSU, FDP und SPD einig, muß noch einmal dringend saniert werden. Doch wie der schwerfällige Behörden-Apparat zu mehr Marktfähigkeit bewegt werden kann, darin scheiden sich die Geister.

Gestern begannen Koalition und Opposition offiziell das Tauziehen um die Postreform II. Mit einer Grundgesetzänderung des Artikels 87 will Postminister Christian Schwarz-Schilling (CDU) Telekom, Postbank und Postdienst aus der dort festgeschriebenen Rechtsform einer bundeseigenen Verwaltung befreien. Der oberste Postvorsteher sähe die drei Mammut-Unternehmen am liebsten in Aktiengesellschaften umgewandelt. Doch dafür bedarf es der Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag.

SPD und Postgewerkschaft (DPG), ohne die in der Mega-Bürokratie schlicht gar nichts geht, stimmen zwar prinzipiell einer Grundgesetzänderung zu, nicht aber dem künftigen Status der Bundes-Unternehmen: Sie möchten die Post in eine Anstalt des Öffentlichen Rechts umwandeln. Ihr Argument: Bei der Umwandlung in Aktiengesellschaften befürchten sie, daß der ländliche Raum bei der Bedienung mit Post- Leistungen das Nachsehen haben könnte. Und: Die Überleitung der BeamtInnen in Angestelltenverhältnisse sei nicht bezahlbar, weil der Bund eine horrende Summe für die Nachzahlung der Sozialversicherung aufbringen müßte. Doch hinter diesen Argumenten verbirgt sich eine andere Befürchtung: Sind die Aktiengesellschaften erst einmal abgesichert, dürfte die Bonner Regierungskoalition schon bald zur weiteren Privatisierung schreiten.

Daß eine Rechtsreform bei weitem nicht ausreicht, darüber sind sich Post-ExpertInnen einig. In den Postämtern klebt der Mief der 60er Jahre, der Apparat arbeitet zu behäbig, KundInnen müssen sich an den Schaltern wie Bittsteller abfertigen lassen. Die Postzustellung funktioniert schlampig; die Postbank kriecht dem Service-Angebot anderer Kreditinstitute im Schneckentempo hinterher. Und wer in Ostdeutschland einen Telefonanschluß beantragt, wird auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertröstet.

Auch um die Finanzen steht es schlecht: Nachdem der Staatsmonolith vor drei Jahren in drei Sparten aufgeteilt wurde, mangelt es Postbank und Postdienst an Eigenkapital. Allein beim Brief- und Paketdienst fehlten 1991 nach Ablieferung der vorgeschriebenen zehn Prozent des Umsatzes an den Bund rund zwei Milliarden Mark. Und auch der Telekom blieb von ihrem Sieben-Milliarden-Gewinn nur knapp eine Milliarde. Vor allem die Telekom sitzt in der Klemme: Der Aufbau der Telekommunikations-Infrastruktur in Ostdeutschland verschlingt Milliarden, während lukrative Märke wie Mobilfunk oder Satelliten-Netze der privaten Konkurrenz überlassen werden.

Schwarz-Schilling möchte die Post lieber heute als morgen an die Börse bringen — um von den AktionärInnen die notwendige Finanzspritze von 20 Milliarden Mark zu erhalten, die anderenfalls über Gebührenerhöhungen oder Staatszuschüsse hereinkommen müßte. Nur einen Nachteil hätte die Umwandlung in Aktiengesellschaften für Schwarz-Schilling: Sein Postministerium wäre damit automatisch abgeschafft.