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Radio Bremen — stabil in die Reform

■ Neue Medienanalyse ergibt: Stabile Hörer-Zahlen / Drei neue Wellenchefs

„Sie können glauben was Sie wollen“, versicherte Radio-Bremen- Intendant Klostermeier bei der Vorstellung der ersten Ergebnisse aus der neuen Medienanalyse über die Einschaltquoten. Während in der vergangenen Woche eine Infratest-Umfrage, in Auftrag gegeben von den „Privaten“, dramatische Hörerverluste von Radio Bremen festgestellt hatte (vgl. taz 6.6.), kam die weitaus repräsentativere und offiziell anerkannte Media-Analyse (MA) zu gegenteiligen Ergebnissen: Sie stellte stabile Einschaltquoten (230.000 im Durchschnitt pro Stunde) bei Radio-Bremen 1 fest und 30.000 plus bei Radio-Brmen Vier, was eine Verdoppelung der 1991 gemessenen Einschaltquoten bedeutet. In der „Primetime“ des Kaffeepott erreicht Radio Bremen Eins sogar 420.000 Hörer pro Stunde, 17 Prozent mehr als 1991 gemessen.

Die Radio-Bremen-Leitung präsentierte mit den neuen Zahlen gleichzeitig die Richtung einer Programm-Reform, die ab 1.September greifen soll. Seit dem vergangenen Herbst war zügig an dieser Reform gearbeitet worden. „Seitdem Frau Sommerey weg war, ist hier im Hause ein anderer Geist eingetreten“, meinte Intendant Klostermeier zum Ausscheiden der alten Hörfunk-Programmchefin.

Das erste Programm, die „Hansawelle“ soll weniger Wortanteil haben, mehr deutsche Schlager, sie soll aktueller werden und von programmfremden Elementen wie Hörspielen gereinigt werden. In Oldenburg soll ein Studio eingerichtet werden, die Region soll stärker vorkommen. „Wellenchef“ des Ersten, so erfuhren es auch die Mitarbeiter über die Pressekonferenz, wird Kai Schlüter, bisher USA-Korrespondent.

Das Vierte Programm, bisher die finanziell schlecht ausgestattete „Pop-und Rockwelle für Fans“, soll „erwachsen“ werden, erklärte der neue Programmdirektor Vinke. Das spezielle „musikalische Autorenporgramm“ fällt weg, die Musik soll sich „ausschließlich an den Präferenzen der angestrebten Zielgruppe“ orientieren: ein Computer wird bei der Auswahl der Titel für den homogenen Sound und die Melodieorientierung sorgen. Mit Verkehrsfunk und „informativer Grundversorgung“ soll das Vierte ein „Vollprogramm“ werden, das die Altergsgruppe „14 bis 35“ anspricht. „Wellenchef“ ist der Hauptabteilungsleiter für „L“(eichte)-Musik, Wolfgang Hagen, der in dieser Eigenschaft auch für die Melodieorientierung des Ersten verantwortlich ist.

Das Dritte Programm, bisher als Sender für ältere Menschen auch Abstellplatz für anderswo weniger geschätzte Programmelemente, soll völlig umgebaut werden: Unter Bernbacher soll es zur „Klassik-Welle“ werden.

Für das zweite Programm, bisher als „Radio-Bremen kulturell“ verkauft, fehlt noch das schlüssige Konzept und auch der Wellenchef. „Populäre Wortwelle“ ist der Arbeitstitel für dieses Programm, zu dem die bisherigen hochgesteckten kulturellen Ansprüche nicht mehr passen würden. Und für neue wortintensive Sendungen fehlt Radio Bremen das Geld. So wandert zunächst alles Wortlastige, was aus den anderen Programmen aussortiert wird, ins Dritte: von der Ausländer-Sendung „Biz-Bizet“, die — deutsch aufgemischt — den trägen Titel „Zu Hause in der Fremde“ bekommen soll, bis zum „Küchenschnack“ (alias „Küstenschnack“).

Die Programmreform, unter Beratung privater Hörfunk-Experten wie des BCI oder des RSH- Chefs Stümper eingefädelt, soll einen reduzierten Wortanteil redaktionell besser aufarbeiten und dadurch an mehr Menschen bringen, verspricht Hörfunk-Programmdirektor Vinke.

Die Positionen der „Abteilungsleiter Regionales“ und „Politik“, die den Pool der für alle Programme aktuell arbeitenden Hörfunk-JournalistInnen leiten sollen, sind allerdings zur Zeit beide nicht besetzt. Der Flurfunk nennt zwei Frauennamen für diese Positionen, die das Vertrauen der Redaktion und auch sonst gute Karten haben. K.W.

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