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Die sieben Zwerge zittern vor einem zweiten „Nein“

Efta-Länder mit EG-Beitrittsabsichten zittern vor den GegnerInnen im eigenen Land  ■ Aus Brüssel Michael Bullard

„47 Prozent dafür, 23 dagegen, oder war es andersrum?“ Selten waren die Eurokraten in Brüssel an Umfrageergebnissen so interessiert wie in den letzten Tagen. In den Fluren und Aufzügen, Cafeterias und Restaurants in und um die EG-Behörde werden die Meinungsäußerungen der Iren zu Maastricht gehandelt wie superheiße Börsennotierungen.

Ebenso regen Anteil nimmt man in den EG-Botschaften der sieben Efta-Länder, von denen knapp die Hälfte bereits einen Antrag auf Mitgliedschaft in der Gemeinschaft gestellt haben. Besonders in Österreich, aber auch in der Schweiz und Schweden fürchten die beitrittswilligen Regierungen und Wirtschaftsverbände ein negatives Votum der Iren.

Schon die dänische Absage zu den Maastrichter Verträgen hat das Lager der EG-Gegner in ihren Ländern beträchtlich anwachsen lassen. Die „Nein“-Sager aller Lager — von Umweltschützern und Linken über liberale und konservative Politiker bis hin zu fremdenfeindlichen, rechtsradikalen und nationalistischen Gruppen — fühlen sich von den Dänen bestärkt. „Ein erneutes Nein in Irland“, so ein Mitarbeiter der österreichischen Mission in Brüssel, „würde die Beitrittsgesuche endgültig torpedieren“.

Eine solche Entwicklung hätte allerdings weniger wirtschaftliche als politische Auswirkungen. Schließlich haben die Efta-Länder vor wenigen Wochen mit der Gemeinschaft einen Vertrag über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) geschlossen. Wenn die EWR- Ratifizierung glatt über die Bühne geht, werden Schweden, Norwegen, Finnland, Island, Österreich und die Schweiz samt Liechtenstein ab Anfang nächsten Jahres am EG-Binnenmarkt teilhaben — von Ausnahmebereichen wie der Landwirtschaft abgesehen. Der Nachteil des EWR-Abkommens: Die „sieben Zwerge“, wie sie in Brüssel genannt werden, müssen nicht nur große Teile der schon bestehenden EG-Gesetzgebung kritiklos übernehmen. Der Einfluß der relativ kleinen Länder auf die Gesetzgebung in diesem Europäischen Wirtschaftsraum bleibt auch gering.

In einer ähnlichen Situation befand sich Dänemark Anfang der 70er Jahre. Erst mit dem EG-Beitritt gewann das kleine Land zwischen Ost- und Nordsee freien Zugang zu seinen wichtigsten Exportmärkten. Mit der Mitgliedschaft verschwand zwar nicht die wirtschaftliche und politische Abhängigkeit des Kleinstaates von dem großen Nachbarstaat Deutschland und der EG insgesamt. Aber immerhin änderte sich ihr Charakter. Denn seitdem hat die dänische Regierung Mitspracherechte und Einflußmöglichkeiten auf die EG-Gesetzgebung, die ihr vorher einfach vorgesetzt wurde und die sie in vielen Fällen schlucken mußte. Zwar sind auch im Ministerrat, dem in der EG entscheidenden Gremium, die Stimmengewichte nach der Größe der Länder verteilt. Doch gibt der Zwang zur Einstimmigkeit, der in vielen Fällen herrscht, auch den kleinen Ländern die Möglichkeit, Entscheidungen zu verhindern.

Seit 1966 besteht außerdem ein Vetorecht. Mit dieser Notbremse können selbst Mehrheitsentscheidungen im EG-Ministerrat zu Fall gebracht werden. Voraussetzung für den Einsatz eines Vetos ist allerdings, daß „vitale nationale Interessen“ eines Landes auf dem Spiele stehen.

Dies würde sich durch die Ratifizierung der Maastrichter Verträge nicht grundsätzlich ändern. Das Prinzip der Mehrheitsentscheidungen soll jedoch von der Binnenmarktgesetzgebung auf weitere Politikbereiche ausgeweitet werden. Vorteil: Auf diese Weise würde es auch möglich, notorische Bremser in der Umweltpolitik wie Großbritannien zu überstimmen — vor allem wenn die dänischen Vertreter im Ministerrat nach einem Beitritt von den Kollegen der Länder mit relativ weit entwickelter Umweltpolitik wie der Schweiz und Schweden unterstützt würden.

Dänemark könnte den beitrittswilligen Efta-Ländern aber nicht nur als Koalitionspartner, sondern auch als Vorbild bei der Entschärfung des „demokratischen Defizits“ dienen. Denn Dänemark hat als einziges EG- Mitgliedsland einen parlamentarischen Sonderausschuß eingerichtet, der die Arbeit der dänischen Minister bei den Ratssitzungen in Brüssel kontrollieren soll. Vor der jeweiligen EG-Sitzung müssen die Minister dort ihre Verhandlungsposition offenlegen. Falls sie die Anweisungen des Ausschusses ignoriert, riskiert die Regierung ein Mißtrauensvotum.

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