Berliner Polizei ab heute kopflos

Polizeipräsident läßt sich nach Krach mit seinem Senator in den Ruhestand versetzen/ Parteiengerangel um Nachfolge/ Mißtrauensantrag gegen Innensenator Heckelmann  ■ Aus Berlin Dieter Rulff

Das Berliner Abgeordnetenhaus wird in seiner heutigen Sitzung den Polizeipräsidenten der Stadt, Georg Schertz, abwählen. Zugleich werden die Parlamentarier über einen Mißtrauensantrag gegen Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) beraten, den die beiden Oppositionsfraktionen, Bündnis 90/Grüne und PDS, einbringen. Es gilt schon jetzt als sicher, daß der Antrag nicht die erforderliche Mehrheit erhält.

Damit wird ein Schlußstrich unter die monatelangen Auseinandersetzungen der beiden Kontrahenten in der Spitze des Berliner Sicherheitsapparates gezogen. Der Konflikt hatte bereits vor dem Amtsantritt von Heckelmann seinen Ausgang genommen.

Denn obwohl Schertz, wie sein Innensenator, bei seiner Wahl ein Mann der Christdemokraten war, ist er bei ihnen nicht mehr wohlgelitten, seit er auch dem rot-grünen Vorgängersenat gut zu Diensten stand. Er wurde nur noch von den mitregierenden Sozialdemokraten gestützt, als es im letzten Jahr zu heftigen Auseinandersetzungen um das Sicherheitskonzept und die Struktur der Berliner Polizei kam.

Schertz warf Innensenator Heckelmann vor, die Polizisten mit populistischen Maßnahmen, wie der Verfolgung von Hütchenspielern, unnötig zu beschäftigen, Heckelmann konterte mit dem Vorwurf, die Polizeiführung würde keine Konzepte liefern. Hinter verschlossenem Vorhang rangelten derweil die beiden Regierungsparteien um die Besetzung von Leitungsposten in der Polizei. Die SPD warf der CDU und dem von ihr gestellten Innensenator vor, „Beutepolitik“ zugunsten ihrer Seilschaften in der Polizei zu betreiben.

Der Polizeipräsident schmiß schließlich entnervt das Handtuch, als Ende Mai erneut Stasi-Vorwürfe gegen ihn laut wurden, und der Innensenator diese nicht öffentlich entkräftete, obwohl er über die entsprechenden entlastenden Unterlagen verfügte. Da Schertz keine Perspektive mehr sah, ließ ihn auch die SPD fallen.

Derweil wird bereits seit Tagen nach einem neuen Präsidenten gesucht. Der Vizepräsident, Dieter Schenk, ist wegen seiner Mitgliedschaft in der SPD bei den Christdemokraten nicht durchsetzbar, und so gilt als aussichtsreichster Berliner Kandidat der Chef der Senatskanzlei, der parteilose Volker Kähne. Sollte er sich zur Kandidatur bereiterklären, könnte das Amt schon in den nächsten Tagen wieder besetzt werden, anderenfalls wird eine bundesweite Ausschreibung und eine Nominierung erst im Herbst erwartet.

Immerhin verständigten sich die beiden Regierungsparteien gestern darauf, den Verwaltungswasserkopf an der Polizeispitze abzubauen. Den 30.000 Berliner Beamten stehen zukünftig nicht mehr drei, sondern zwei Chefs vor, das Amt des Landespolizeidirektors wird abgeschafft. Vizepräsident Schenk soll, nach dem Willen der Sozialdemokraten, gleichzeitig Chef des neu zu schaffenden Berliner Landeskriminalamtes (LKA) werden.

Im Gegenzug dürften die Christdemokraten Anspruch auf die Leitung der übrigen drei Verwaltungsbereiche, der Schutzpolizei, der Ausbildung und der zentralen Dienste, erheben.