: ÖTV-Basis muckt auf
Stuttgart/Nürnberg (dpa/afp) — Die Basis der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV) will der Führungsspitze auf dem heute in Nürnberg beginnenden ÖTV-Kongreß mehr Mitspracherecht bei den jährlichen Tarifrunden abringen. Wie es gestern hieß, werden ÖTV-Gliederungen entsprechende „Initiativanträge mit Maximalforderungen“ einbringen.
In Nürnberg, wo sieben Tage lang 1.042 Delegierte die Weichen für die künftige Arbeit der ÖTV stellen, werden harte Auseinandersetzungen erwartet. Nach dem Rücktritt des Tarifexperten Willi Hanss glauben Beobachter, daß die 50jährige ÖTV- Chefin Monika Wulf-Mathies noch schärfer in die Schußlinie der Kritiker gerät, weil sie den Part des zuletzt heftig gerügten Hanss mit übernehmen muß. Frau Wulf-Mathies stellt sich zur Wiederwahl.
Viele Mitglieder legen der Chefin zur Last, daß die Basis nach elftägigem Streik entweder durch die Medien oder die Arbeitgeber vom enttäuschenden Kompromiß erfahren habe. Die Gewerkschaftsführung habe sich zudem über den Kopf der Betroffenen hinweg einer „zentralistischen Verhandlungsführung“ befleißigt. Die Ablehnung des Abschlusses in der Urabstimmung galt als Mißtrauensvotum für die seit zehn Jahren amtierende ÖTV-Chefin. Um den Arbeitskampf endgültig zu beenden, setzte sich daraufhin der Hauptvorstand über den Beschluß der Basis hinweg. Von 749 schriftlichen Anträgen befassen sich nun allein 287 mit der Tarifpolitik.
Auf dem Mammuttreffen wird der gesamte siebenköpfige geschäftsführende Hauptvorstand neugewählt. Außer Willi Hanss hatte zuvor bereits der für Organisationsfragen zuständige stellvertretende Vorsitzende Willi Mück aus gesundheitlichen Gründen auf eine erneute Kandidatur verzichtet. Die 900.000 ÖTV-Mitglieder aus den neuen Bundesländern sollen künftig von zwei zusätzlichen Vorstandsmitgliedern repräsentiert werden. Für diese Posten wurden die stellvertretende Vorsitzende des Bezirks Brandenburg, Jutta Schmidt, sowie die Gewerkschaftsekretärin Heiderose Förster aus Görlitz/Sachsen vorgeschlagen.
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