piwik no script img

Was nun, Dr. Prielozny?

■ Volleyball-Weltliga: Germanische Schmetterhände zeigen, daß sie weiter nur zweitklassig sind/ Die Vorrunde wurde mit einer 0:3-Niederlage gegen Kanada beendet/ Nur wenig Geld eingenommen

Charlottenburg. In Schweden treten derzeit 88 Millionäre gegen eine buntgescheckte Lederkugel. [Und Tausende von Habenichtsen gegen die Köpfe ihrer eingebildeten Feinde! d. säzzer] Europameisterschaft nennt sich dieser triste, alle vier Jahre wiederkehrende Spielermarkt. Und Europa schaut gelangweilt zu. Zeitgleich spielen rund um die Welt zwölf der besten Nationalteams Volleyball gegeneinander, mit dem Ziel, irgendwann auch mal die Millionen zu scheffeln, für die zu ackern sich einige Herrn in Schweden offenbar schon zu schade sind.

An der Vorrunde dieser Weltliga dürfen erstmals auch die deutschen Herren teilnehmen. Spielerisch ist das deutsche Team sicherlich noch die zweite Wahl in der Welt der langen Kerls, doch lassen sich mit etwas Nachhilfe und daraus folgendem Anschluß an die wahren Größen des Geschäfts (Holland, Italien, Kuba) etliche zahlungskräftige Sponsoren in deutschen Landen finden. FIVB (Weltverband-)Präsident Ruben Akosta weiß genau, wo die Knete steckt. Für Bundestrainer Igor Prielozny und seine „Stars“ René Hecht, Leif Anderson und Michael Dornheim sollte diese erste Saison im Kreise der großen Volleyball-Nationen für Auftrieb auf sportlichem Gebiet sorgen und den deutschen Volleyball auch für die Medien interessant erscheinen lassen. So mußte dem Weltverband sieben Stunden TV-Dauerpräsenz garantiert werden, um in der World-League mitmischen zu dürfen.

Doch der Schritt hin zur Professionalisierung blieb halbherzig. So sehr sich die DVV-Auswahl auch mühte, mehr als ein Sieg in 14 Spielen sprang dabei nicht heraus. Und das Dilemma hat Ursachen. In Kanada mußte Prielozny beispielsweise auf den Berliner Mittelblocker Ronald Triller verzichten, weil der von seinem Arbeitgeber nicht freigestellt wurde. Maleschen auch im Vorbereitungslehrgang vergangene Woche in Berlin. Von zwölf nominierten Spielern fanden sich Donnerstag morgen nur acht zum Training ein. Zuspieler Häberlein, kurzfristig für den Berliner André Barnowski nachnominiert, war noch nicht eingetroffen, Leif Andersen fehlte, Reimann und Triller nahmen an beruflichen Fortbildungsmaßnahmen teil. Von optimaler Vorbereitung auf die letzten beiden WL-Spiele gegen Kanada konnte da wohl nicht die Rede sein. Konkurrent Kanada dagegen zeigte dem deutschen Verband, wie die steile Leiter an die internationale Spitze zu erklimmen ist.

Team Kanada besteht bis auf zwei Ausnahmen aus hauptberuflichen Nationalspielern. Keine Vereinsinteressen und kein sportfremder Arbeitgeber stören Kanadas Netzkämpfer bei der Ausübung ihrer Profession. Chefcoach Brian Watson darf mit Berufsvolleyballern arbeiten und präsentiert auch eine entsprechende Bilanz. Das für die Olympischen Spiele in Barcelona qualifizierte Team scheiterte beispielsweise 1984 in Los Angeles erst im Halbfinale an Italien. Beim America Cup 1990 erreichten die Männer mit dem Ahornblatt auf der Brust den zweiten Platz.

Gegen die deutsche Auswahl gab es nach einer Niederlage beim Vorbereitungsturnier in Bottrop vier Siege in Folge. Auf amerikanischem Boden war Prieloznys Mannen der Sieg zwar nahe, doch scheiterten sie zweimal. Mit 1:3 und 2:3 Sätzen unterlegen, trat der Deutschland-Sechser doch hoffnungsvoll die Heimreise an. Bei der Begegnung in Schwerin am Freitag allerdings setzte es eine herbe 0:3-Niederlage. Auch die Berlin-Auswahl (Der Ex- Berliner Franke als Zuspieler, die Postillione Hecht, Dellnitz und die SCCler Triller, Hölzig, Reimann) innerhalb des Nationalteams konnte Team Kanada nicht knacken.

Im Horst-Kober-Zentrum gab es am Samstag beim 0:3 noch mal richtig Haue. Chancenlos spielte das Prielozny-Team kraftbetonten, uninspirierten Hauruck-Volleyball und scheiterte ein ums andere Mal am variantenreichen, intelligenten Spiel der Nordamerikaner. Einzig Youngster Klaus Daumann wußte durch freche Angriffsaktionen und mutige Abwehrakrobatik zu gefallen. Ruhmloses Ende einer langen Saison.

Ans richtig dicke Geld in der Weltliga kommen die deutschen Recken so jedenfalls nicht. Insgesamt sind drei Millionen US-Dollar an Preisgeldern zu erschmettern. Dem Sieger der Endrunde der besten Vier winkt eine ganze Million. Der Buchhalter des DVV mußte sich hingegen mit 2.000 Dollar pro Spiel begnügen. Und für den bisher einzigen Sieg gegen Kuba gab's doch glatt 3.000 Dollar. uzi

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen