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„Der Junge hätte übeleben können“

■ 16jähriger Junge starb nach Fahrrad-Unfall / Kein Notarztwagen im Bremen Osten

Am Freitag abend gegen 20 Uhr ist auf der Ludwig-Roselius-Allee in Osterholz ein 16jähriger Junge von einem Auto erfaßt und schwer verletzt worden. Er wollte die Straße mit seinem Fahrrad überqueren. „Vermutlich übersah er den PKW“, steht im Polizeibericht. Die Freundin, die hinter ihm ging, erlitt einen Schock und stürzte zu Boden. „Noch an der Unfallstelle mußte der Jugendliche vom Arzt eines NAW erstversorgt werden“ steht im die Polizeibericht. „Der Sachschaden beträgt ca. 30.000 Mark.“

Was die Polizei nicht berichtet: Der Junge ist tot. Am Sonntag nachmittag haben ihn die Ärzte im Krankenhaus Bremen-Ost aufgegeben und die Geräte in der Intensiv-Station ausgeschaltet.

Mußte der Junge sterben? Offiziell gibt es „keine Auskunft“, das Krankenhaus mauert. Nicht ohne Grund: Die Wahrheit zu sagen, wäre höchst brisant. Wenn das Krankenhauspersonal unter sich ist, macht sich Empörung breit. Denn die Ärzte und Pfleger, die den Jungen behandelt haben, sind in diesem Fall ziemlich sicher: „Der Junge hätte überleben können.“ Einen Fehler hat keiner der Ärzte gemacht, es war schlicht keiner da: Es gibt im Bremer Osten keinen „NAW“, keinen Notarztwagen. Keine fünf Minuten weg vom Krankenhaus Bremen-Ost ist der Unfallort, aber da steht kein Notarztwagen.

Die Rettungssanitäter der Feuerwehr, die schnell am Unfallort waren, haben keine ausreichende Ausbildung, sie dürfen keine „Intubation“ (Notbeatmung per Schlauch) vornehmen, selbst wenn sie sich das zutrauen würden. Und auf die „Erstversorgung“ durch den Notarzt mußte der schwer verletzte Junge 20 Minuten warten.

Die Feuerwehrleitstelle gibt keine Auskunft über den Einsatz am Freitag abend, auch sie mauert. Klar ist: Selbst wenn kein Stau ist, braucht ein Notarztwagen von der St.-Jürgen-Klinik in den Bremer Osten mindestens zehn Minuten.

Die Rettungssanitäter waren schneller da, sie haben Mund-zu- Mund-Beatmung versucht. Als der Notarzt da war am vergangenen Freitag und den Jungen per Schlauch mit frischen Sauerstoff versorgen konnte, war es schon zu spät für sein Gehirn. „Wenn der Notarztwagen vom Krankenhaus Bremen-Ost losgefahren wäre, hätte der Junge wahrscheinlich eine Chance gehabt“, sagt eine Ärztin.

Das Problem ist in Bremen seit Jahren bekannt. Mehrfach hat der Beirat Osterholz gefordert, daß im Bremer Osten ein Notarztwagen stationiert wird. Die Vorbereitungen für eine Garage am Krankenhaus sind schon getroffen. Der zuständige Innensenator hat bisher allerdings „Nein“ gesagt. Begründung: Kein Bedarf.

Vier Notarztwagen (NAW) sind über Bremen verteilt: Einer seht in Bremen-Nord, einer beim Diako für den Bremer Westen, einer „Links der Weser“ für Neustadt und die Autobahn, einer am St.-Jürgen-Krankenhaus für die City und den gesamten Bremer Osten. Letzterer heißt im Fachjargon auch „Narcanti-Express“: Narcanti ist das Mittel, das Drogenabhängigen gespritzt wird, wenn sie eine Überdosis Heroin genommen haben. Der NAW von St.-Jürgen ist permanent im Steintor unterwegs, er fährt doppelt so viele Einsätze wie einer der anderen NAW's.

Die im Bremer Osten haben also Glück, wenn sie nur 20 Minuten warten müssen. K.W.

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