piwik no script img

Friedensaussichten für Bosnien gleich Null

Sarajevo (ap) — Drei schwere Explosionen haben am Mittwoch inmitten wieder aufflammender Kämpfe Sarajevo erschüttert. Mindestens drei Menschen kamen nach bosnischen Angaben ums Leben, mindestens 46 wurden zum Teil schwer verletzt. Damit sanken die Aussichten auf Frieden in Bosnien-Herzegowina nach dem Scheitern der jüngstewn Waffenruhe wieder auf den Nullpunkt. Die Zahl der Kriegstoten wurde von der bosnischen Regierung inzwischen mit 40.000 angegeben.

Die Ursache der Explosionen war zunächst nicht völlig klar. Im vergangenen Monat hatte der Einschlag eines serbischen Rebellen zugeschriebenen Geschosses 14 Menschen vor einer Bäckerei getötet. Die drei Detonationen ereigneten sich, als die UNO-Vertreter unter General Lewis MacKenzie einen neuen Versuch unternehmen wollten, die Kriegsparteien doch noch zur Einhaltung des Waffenstillstandes zu bewegen. Ein Sprengkörper detonierte inmitten einer Gruppe von Menschen vor einer Bank. Die beiden anderen Explosionen ereigneten sich an einem Lagerhaus und vor dem Präsidentengebäude.

UNO-General MacKenzie sagte in Sarajevo, die Kämpfe hätten an Härte insgesamt zwar abgenommen, doch lasse ein wirklicher Erfolg der Vereinbarungen für eine Waffenruhe immer noch auf sich warten. Er wollte die Verhandlungen über die Öffnung des für die Anlieferung von Hilfsgütern dringend benötigten Flughafens am Nachmittag fortsetzen. Der General äußerte die Vermutung, daß die Kriegsparteien derzeit andere Prioritäten setzten. Die UNO-Schutztruppe für Jugoslawien, UNPROFOR, sei aber „keineswegs bereit, ihre Hände in den Schoß zu legen“.

Die von der bosnischen Regierung genannte Zahl der Toten liegt mit 40.000 fast sechsmal so hoch wie die erst wenige Tage zuvor bekanntgegebene Zahl von 7.000. Die jüngsten Zahlen waren in einer Erklärung zur Ausrufung des Kriegszustandes und zur Teilmobilmachung am Sonntag enthalten. In der von Präsident Alija Izetbegovic unterzeichneten Direktive hieß es ferner, 1,4 Millionen Menschen seien vertrieben und 60.000 Menschen in Sammellager gebracht worden. Der Nachrichtenagentur 'BH‘ zufolge beruhen die Zahlen auf Statistiken örtlicher Verteidigungskomitees. Danach wurden 7.500 Menschen in Kämpfen getötet und 30.000 bei Massakern serbischer Freischärler. Die Massaker hätten vor allem in Dörfern entlang der Grenze zu Serbien stattgefunden, hieß es.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen