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Keine Gedanken um das Töten gemacht

■ Prozeß um Handel mit Handgranaten endete mit Haft und Bewährungsstrafe/ Mutmaßlicher Söldner kam mit Freispruch davon

Moabit. Mit einer Haftstrafe von drei Jahren für den Hauptangeklagten Peter Sch. und einer Bewährungsstrafe von 18 Monaten für den Mitangeklagten Bruno T. endete gestern der Prozeß um den größten Waffendeal, der in Berlin seit der Wende aufgeflogen war. Der 36jährige Peter Sch. hatte einem Offizier der bei Jüterbog stationierten GUS- Streitkräfte im vergangenen Jahr 507 Splitterhandgranaten und 148 Panzerhandgranaten zum Stückpreis von 5 DM sowie drei Kisten Infanteriemunition abgekauft. Die Granaten sollten im Februar zum Einzelpreis von 24 DM an einen Schweizer Waffenhändler weiterverkauft werden. Das Geschäft flog auf, weil sich der Geschäftsmann bei der Übergabe als Kriminalbeamter entpuppte.

Die Vorsitzende Richterin der 14. Strafkammer, Marianne Moritz, sprach in der Urteilsbegründung von einem »skrupellosen« Verhalten der Angeklagten. Obwohl ihnen hätte klar sein müssen, daß die Waffen »zum Töten von Menschen« verwendet würden, hätten sie sich über die Folgen ihres Tuns keinerlei Gedanken gemacht. Der Militariahändler Peter Sch. wurde am härtesten bestraft, weil er die Granaten bei den GUS-Streitkräften erworben hatte und sich nach Auffassung des Gerichts aufgrund vorangegangener polizeilicher Ermittlungen der Illegalität seines Handelns hätte bewußt sein müssen. Bruno T. kam mit Bewährung davon, weil er das Geschäft nur »vermittelt« hatte. Als »nachhaltige Erinnerung« an die Tat wurde ihm jedoch eine Geldstrafe von 12.000 DM auferlegt. Grundlage der Verurteilung waren das Kriegswaffenkontroll- und das Sprengstoffgesetz. Der Verstoß gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz wird mit einer Mindeststrafe von einem und einer Höchststrafe von fünf Jahren geahndet, egal ob es sich um Granaten, Stalinorgeln oder Panzer handelt. Nur wenn ein gewerbsmäßiger Handel nachgewiesen werden kann, erweitert sich der Strafrahmen auf zehn Jahre. Auch der ermittelnde Staatsanwalt beklagte gegenüber der taz, daß die Gesetzesbestimmungen sehr unkonkret gefaßt seien.

Der dritte Angeklagte Michael P. wurde wegen mangelnder Beweise freigesprochen. Er hatte zusammen mit Peter Sch. in dem waffenbeladenen Wagen gesessen, als die Polizei zuschlug, und war zunächst von Peter Sch. und Bruno T. der Mittäterschaft bezichtigt worden. Im Prozeß hatten sie diese Aussagen allerdings wiederrufen. Die Vorsitzende Richterin wies jedoch darauf hin, daß Michael P. bei der Kripo nicht unbekannt sei. Der 'Stern‘ veröffentlichte in seinem März-Heft ein Foto, das Michael P. in Söldnerkluft, mit einem Maschinengewehr im Anschlag, vor einem Panzer in Kroatien zeigen soll. Im Text heißt es, »Michael« sei mit dem Rechtsextremen Michel Leloup befreundet und habe im Bürgerkrieg einen erbeuteten Panzer gefahren. plu

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