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Zensur in der neuen Weltunordnung

■ Zwei Veranstaltungen von 'Index on Censorship‘ in Potsdam und Berlin

In vielen Ländern Afrikas — wie auch Osteuropas — sind alte, überkommene Ordnungen oder Unordnungen im Umbruch oder sogar gestürzt. Das Neue, das sich aus solchen Veränderungen ergeben könnte, ist vielerorts allerdings noch nicht in Sicht. Welche Rolle spielt in solchen Zeiten die Literatur, welche Rolle können SchriftstellerInnen spielen? Sicherlich haben afrikanische AutorInnen — besonders der jüngeren Generation — andere Antworten auf diese Fragen als ihre europäischen KollegInnen. Doch gibt es durchaus auch Gemeinsamkeiten. Und sei es nur die, daß eine der vornehmlichsten Aufgaben der Literatur darin besteht, gegen die — vom Abendland diktierte — neue Unordnung anzuschreiben. Wie geht ein afrikanischer Autor damit um, daß in seinem Land Literatur oft genug nur eine untergeordnete Rolle spielt, daß er sich gegen Zensur und die Unzulänglichkeiten des Verlagswesens durchzusetzen hat? Hat sich mit der politischen Situation in Osteuropa nicht auch die Rolle und Bedeutung der osteuropäischen Literatur verändert? Things fell apart — Das Alte ist gestürzt — Was jetzt? Im öffentlichen Gespräch wollen Schriftsteller aus Afrika und Europa diese Fragen erörtern. An der Diskussion werden teilnehmen: Carmen Francesca Bancui (Rumänien), Biyi Bandele-Thomas (Nigeria), Syl Cheney-Coker (Sierra Leone), Mia Couto (Mosambik), György Dalos (Ungarn), Christoph Hein (Deutschland), Chenjerai Hove (Zimbabwe), Werner Liersch (Deutschland), Jack Mapanje (Malawi), Adewale Maja-Pearce (Nigeria/England).

Veranstaltet wird die Diskussion von der Londoner Zeitschrift 'Index on Censorship‘, die seit zwanzig Jahren Fällen von Zensur nachgeht und verbotene Texte dokumentiert. Weitere Veranstalter sind die Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V., Frankfurt/M., und die Heinrich-Böll-Stiftung, Köln.

Ort: Club der Künstler und Architekten, Schloßstraße 14, O-1560 Potsdam

Zeit: 3./4.Juli 1992, jeweils ab 9.30 Uhr

Wie funktioniert Zensur in der neuen Weltunordnung? Diese Frage wird Thema einer Diskussion sein, die die taz zusammen mit KollegInnen der Zeitschrift 'Index on Censorship‘ veranstaltet.

Ort: taz-Kantine, Kochstraße 18, 1000 Berlin 61

Zeit: Sonnabend, 4.Juli 1992, 20 Uhr

Zur Einführung wird Uta Ruge über Geschichte und Konzept von 'Index on Censorship‘ informieren. Über den Stand der Zensur heute soll dann gesprochen werden. Denn entgegen der weit verbreiteten Meinung, daß mit dem Kalten Krieg auch die diesem System inhärente Zensur verschwunden ist, war in den letzten zwei Jahren ein starker Anstieg von Zensurfällen zu verzeichnen. Beispielsweise übersteigt die Zahl der Morde an Journalisten in Jugoslawien selbst die der notorischen Journalistenmorde in Kolumbien. In den Republiken und Staaten der ehemaligen Sowjetunion sind nicht nur die traditionsreichen „Dicken“ (Literaturzeitschriften) durch Papierteuerung bedroht, sondern viele altkommunistische Publikationen sind der Gefahr des Verbots ausgesetzt. Der Fall Algeriens beweist, daß auch bei uns viel Sympathie mit Zensur herrscht, wenn sie gegen „undemokratische Kräfte“ ausgeübt wird.

Zu dieser Veranstaltung werden u.a. auch einige Teilnehmer der oben angekündigten afrikanisch-europäischen Schriftstellerkonferenz erwartet, beispielsweise: Adewale Maya-Pearce, Jack Mapanje, György Dalos, Carmen Francesca Bancui.

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