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Scientology-Mann will sich bei Krupp einkaufen

Betriebsrat der Krupp-Stahlbau Berlin macht gegen geplante Mehrheitsbeteiligung durch Scientology-Anhänger mobil  ■ Aus Berlin Bascha Mika

Wir leiden heute unter weltweiter Idiotenwirtschaft,“ schrieb der Science-fiction-Autor L. Ron Hubbard in den achtziger Jahren. Und er hatte auch ein Rezept gegen den ökonomischen Schwachsinn. Er gründete nicht nur seinen eigenen Psychokult — die „Scientology Church“ — sondern auch das „World Institute of Scientology Enterprises (WISE)“. WISE gilt als der wirtschaftliche Arm der Sekte: eine Vereinigung, die Hubbards sehr spezielle Ethik und administrative Technologie in Unternehmen verbreitet.

„Wir wollen nicht, daß unser Betrieb nach Scientology-Methoden geführt wird!“ regt sich der Betriebsrat der Krupp-Stahlbau Berlin auf. Und er hat allen Grund dazu. Denn der Aufsichtrat der Fried. Krupp AG plant, die Mehrheitsbeteiligung an dem 300-Mann-Werk zu verkaufen. Aussichtsreichster Interessent: Der baden-württembergische Unternehmer Gerhard Haag.

Gerhard Haag ist nicht nur Stahlbauingenier. Der Sektenbeauftragte der evangelischen Kirche von Berlin/Brandenburg rechnet ihn zu den „besonders hoch eingestuften Scientologen“, zu den Anhängern des fanatischsten, reichsten und rabiatesten Psycho-Kults auf deutschem Boden. Rund 300.000 Menschen sollen hierzulande der aus den USA importierten Organisation angehören. Gandow: „Haag hat mit seiner Frau zusammen mindestens 350.000 US- Dollar in die ,Kriegskasse‘ der Scientology eingezahlt,“ und wird in einer internen Liste als „Patron Meritorius“ geführt.

Doch selbst das könnte man noch zu den Privatangelegenheiten des Herrn Haag rechnen — wenn er nicht auch Mitglied bei WISE wäre, das die sozialdarwinistische Heilslehre in der Unternehmensführung einsetzt. 1989 kaufte Haag von der Essener Krupp einen Stahlbaubetrieb in Altbach bei Esslingen (Baden-Württemberg). Seitdem, weiß Gandow, ist das in „Stahlbautechnik Neckar“ umbenannte Werk, „ein Scientology-geführtes Unternehmen, in dem die Hubbard-Menschenführungstechniken durchgesetzt und angewandt werden.“ In den „codes and ethics“, nach denen sich WISE-Unternehmen richten, heißt es unter anderem: „... schieben Sie immer Macht in die Richtung eines jeden, von dessen Macht Sie abhängen... Es kann sogar darin bestehen, daß einer seiner Feinde (der Machtperson, d. Red.) in der Dunkelheit dumpf aufs Straßenpflaster klatscht oder das ganze feindliche Lager als Geburtstagsüberraschung in riesigen Flammen aufgeht.“

Von der alten Belegschaft der Stahlbautechnik Neckar sollen nur noch fünf bis zehn Prozent in Altbach beschäftigt sein, berichtet der Betriebsrat der Berliner Stahlbau. „Denen ist es unangenehm gemacht worden.“ Wie unangenehm, hat der Betriebsrat von einem ehemaligen Beschäftigten erfahren: „Am Anfang wurde Chaos geschaffen, die Leute auf Hochdruck gebracht, es gab Versetzungen, Irritationen.“ Die Folge waren zahlreiche Kündigungen unter den ehemals 150 Beschäftigten. Von anderen Betrieben, die nach Hubbard-Muster mit der „Ethik“ der Scientology arbeiten, ist inzwischen bekannt geworden, daß illegale Personenakten angelegt wurden, die MitarbeiterInnen gezwungen wurden, für viel Geld obskure Kommunikationskurse (auditings) zu absolvieren und ähnlich Reizendes mehr.

„Unter der Führung von Haag sehen wir keine Zukunft,“ sagte der Betriebsratsvorsitzende der Berliner Stahlbau, Karl Köckenberger und informierte die zuständigen Senatsstellen über Haags Verbindungen zu Scientology. Nach Aussagen des Betriebsrats hat Wirtschaftssenator Meisner den Krupp-Vorstand inzwischen aufgefordert, sich zu den Verkaufsplänen zu äußern.

Währenddessen richtet Haag seine Aktivitäten gen Osten. Im Mai 1992 kaufte er von der Treuhand die Stahlbautechnik Elbe, einen Zweigbetrieb des Stahl- und Walzwerks Riesa. Weiterhin interessiert er sich für die Ostberliner BE-Stahl GmbH in Hohenschönhausen. Aber es existiert auch noch ein völlig anders geartetes Interesse. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft nämlich interessiert sich ihrerseits für das Geschäftsgebahren des Scientologen. Klaus Bieneck, Oberstaatsanwalt bei der Schwerpunktabteilung Wirtschaftskriminlität: „Gegen Herrn Gerhard Haag laufen mehrere Ermittlungsverfahren.“

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