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Konflikte austragen ohne den Staat

■ Pilotprojekt „Konfliktregulierung“ will Interessen von Opfern einlösen und bei Tätern „soziale Sensibilität“ fördern

Dresden (taz) — Opfer und Täter an einen Tisch. Künftig könnten Opfer von Vergehen wie Körperverletzung, Diebstahl, Bedrohung und Hausfriedensbruch mit ihren Tätern autonom vereinbaren, wie sie den Konflikt austragen wollen. Mit dem für die neuen Bundesländer bisher einmaligen Projekt „Täter-Opfer-Ausgleich“ erprobt Sachsens Justizministerium zunächst nur in Dresden eine Alternative in der rechtskräftigen Behandlung von Konflikten, die durch Straftaten entstanden sind.

Oberstaatsanwalt Jürgen Schwalm, designierter Generalstaatsanwalt Sachsens, begründete das Projekt vor allem mit den in der üblichen Rechtspraxis eher an den Rand gedrängten Interessen der Opfer. Sie werden „nur oberflächlich in die Entscheidung einbezogen“, und in der Regel finde die Aufbereitung des Konflikts zwischen Täter und Opfer nicht statt. Von seinem Projekt erwarte er hingegen, eine „höhere soziale Sensibilität beim Täter zu erreichen“. Gerichtshelfer Bernd Wagner, der Erfahrungen aus Baden- Württemberg in das Pilotprojekt eingebracht hat, beschrieb dessen Ziel als „Reprivatisierung des Konflikts“. Über die „Konfliktregulierung“ beim Verein der sozialen Rechtspflege Dresden soll das Opfer alles für die Wiedergutmachung Nötige vom Täter fordern können. An dem Gespräch nehmen Gerichtshelfer beratend teil. Der Trägerverein hat einen Opferfonds eingerichtet, damit Geschädigte schnell und unbürokratisch an das ausgehandelte Geld kommen. Täter haben diese Darlehen innerhalb einer bestimmten Frist zinslos zurückzuzahlen.

Kritikern des Projekts hält Wagner die hohe Akzeptanz bei Opfern, besonders im Jugendbereich, entgegen. Seit 1. Juni habe die Dresdner Regulierungsstelle bereits 13 Aufträge erhalten und einen davon abgeschlossen. Grundsätzlich werde zuerst das Opfer gefragt, ob es mit dieser Konfliktregulierung einverstanden sei. „Das ist kein Schulterklopfen, sondern hartes Agieren zwischen den Beteiligten“, erklärt Wagner, „da muß der Täter auch Emotionen des Opfers aushalten.“ Die Staatsanwaltschaft hält auch Beleidigungen mit sexuellem Hintergrund und Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung für regulierungsfähig. Vergewaltigung jedoch sei davon grundsätzlich ausgeschlossen.

Neben der Ahndung von Vergehen soll die „Konfliktregulierung“ auch präventiv Konflikte verhindern. Als neutrale Vermittlerin könne sie von allen Interessenten aufgesucht werden. Das in Sachsen auf die Probe gestellte Verfahren ist auch in den alten Bundesländern nicht sehr verbreitet. Wagner verwies auf schlichtenden Ausgleich im Jugendstrafrecht und auf die „noch sehr seltene“ Form, wie in Dresden jugendliche und erwachsene Opfer/Täter gemeinsam zu betreuen. dek

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