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Atommüll darf nach Morsleben

Bundesverwaltungsgericht hebt Sperrung des Endlagers in Sachsen-Anhalt wieder auf  ■ Aus Magdeburg Jürgen Voges

Die einzige bundesdeutsche Atommüllkippe in Morsleben bei Helmstedt darf seit gestern weiter betrieben werden. Der 7. Senat des Bundesverwaltungsgerichtes hob gestern in einer Verhandlung in Magdeburg das Stillegungsurteil des Magdeburger Bezirksgerichtes vom November vergangenen Jahres auf. Damit wurde die Klage der Rechtsanwältin Claudia Fittkow gegen das Endlager letztinstanzlich abgewiesen.

Während das Bezirksgericht noch davon ausgegangen war, daß die Betriebsgenehmigung für Morsleben im Laufe zweier Eigentumsübertragungen während des deutschen Einigungsprozesses verlorengegangen sei, sah das Bundesverwaltungsgericht den Genehmigungsübergang durch die Verträge zwischen DDR und BRD eindeutig geregelt. Mit seiner gestrigen Entscheidung gaben die höchsten Verwaltungsrichter der Revision des Bundes gegen die Magdeburger Entscheidung in vollem Umfang statt.

Nach Auffassung des Bundesverwaltungsgerichtes ist die Betriebsgenehmigung für Morsleben am 1.7. 1990 durch Inkrafttreten des Umweltrahmengesetzes der DDR automatisch auf das damalige Staatliche Amt für Atomsicherheit und Strahlenschutz übergegangen.

Zwar wurde das Endlager damals tatsächlich von den Vereinigten Energiewerken Nord, dem Rechtsnachfolger des staatlichen Energiekombinats „Bruno Leuschner“, betrieben, und auf diesen privaten Betreiber wurde die Genehmigung für das Endlager nie übergeleitet.

Diese Tatsache des rechtswidrigen Betriebes des Atommüllendlagers von privater Seite hielt das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil allerdings nicht mehr für endscheidend. Mit dem Umweltrahmengesetz, so der Vorsitzende des 7. Senats, Eberhard Franßen, gestern, sei auch das bundesdeutsche Atomgesetz für die damalige DDR gültig geworden.

Nach diesem Gesetz sei jedoch allein das Bundesamt für Strahlenschutz beziehungsweise für die damalige DDR das entsprechende Staatliche Strahlenschutzamt für die Endlagerung zuständig gewesen.

Es sei sogar allein zum Betrieb des Endlagers verpflichtet gewesen. Das sich Morsleben zwischenzeitlich im privaten Besitz befunden habe, ändere nichts an dem ordnungsgemäßen Übergang der Genehmigung auf die Strahlenschutzämter der DDR beziehungsweise BRD.

Der Vorsitzende betonte, daß mit dem Urteil keine Entscheidung über die Sicherheit des Endlagers getroffen worden sei. Mit dem Urteil sei nicht gesagt, ob noch zusätzliche Anordnungen nötig seien, um das Lager sicherer zu machen.

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