: Hofschen — „Glorifizierung der kommunistischen Diktatur“
■ Betr.: Antifaschismus-Debatte Kuhn-Hofschen, 13.6.92
Das völlig unreflektierte „Weiter so!“ ist unerträglich. Da wird kein Gedanke an die Opfer des Stalinismus verwendet, kein Nachdenken deutlich über die vielen Verfolgten des realexestierenden Sozialismus. Meint Hofschen denn wirklich, daß der (gute) Zweck die Mittel heiligt?
Da wird weiter der kausale Zusammenhang zwischen Kapitalismus und Faschismus beschworen und dafür das Italien der 20er Jahre bemüht. Die älteren Demokratien mit kapitalistischen Systemen wie England, Frankreich und auch Amerika werden nicht erwähnt! Aber mangelnde soziale Gerechtigkeit mit Faschismus gleichzusetzen wagt wohl nicht mal Hofschen. So wird was nicht recht in's Bild paßt — und das ist lange eingeübt — in der Debatte ausgeblendet.
Wie wirkungsvoll der antifaschistische Staat der DDR heute noch ist, macht Hofschen an den Berliner Wahlergebnissen für die Republikaner deutlich. Dort haben im Ostteil der Stadt „nur“ halb soviele Menschen die Rechten gewählt als im Westteil. Das dort fast 30 Prozent der Stimmen an die gewendete PDS als Nachfolgeorganisation der SED gegangen sind, wird unterschlagen. Eine Auseinandersetzung mit den SED-Nachfolgern wird so vermieden — einer SED, die beim Aufbau der DDR Andersdenkende, besonders Sozialdemokraten, diskriminiert und inhaftiert haben. Die „antifaschistische“ PDS ist noch die Nachfolgepartei der Bautzen — Schergen, deren Parteivermögen die Beute des Raubzuges der SED am Volk der ehemaligen DDR ist.
Die Glorifizierung der kommunistischen Diktatur zu einem antifaschistischen Staat ist bei Hofschen ungebrochen und bleibt ihm als persönliche Meinung auch unbenommen. Doch leider: Es bleibt nicht seine persönliche Meinung! Unter dem neuen Bremer SPD-Parteivorsitzenden Horst Isola konnte er als einer der „Macher“ der SPD-Reformkommission aufsteigen, und es ist zu befürchten, daß seine unreflektierte politische Grundhaltung in die Reform einfließt. Denn: Solange einer Mönch ist, läutet er das Glöcklein!
Brigitte Dreyer, SPD-Ortsvereins-Vorsitzende, UB-West-Vorstandsmitglied
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen