: CSFR: Vaclav Havel gibt nicht auf
Prag (afp/taz) — Der tschechoslowakische Staatspräsident Vaclav Havel will trotz der unausweichlich scheinenden Spaltung des Bundesstaates ein drittes Mal für das Amt des Präsidenten der CSFR kandidieren. Auf der konstituierenden Sitzung des Bundesparlaments in Prag sagte Havel am Donnerstag, er wolle angesichts des slowakischen Nationalismus nicht „kapitulieren“. Deutlich machte Havel jedoch zugleich, daß er als Präsident nicht an der Auflösung der CSFR beteiligt sein will. Sollte es aber dennoch zu der Trennung kommen, wäre er bereit, das Amt des Präsidenten einer Tschechischen Republik (CR) zu übernehmen. Der tschechische Wahlsieger Vaclav Klaus, der vermutlich neuer Regierungschef der CR wird, hat bereits wissen lassen, daß er eine derartige Kandidatur Havels unterstützen würde.
In kämpferischem Ton sagte Havel, dessen Kandidatur von den slowakischen Nationalisten vehement abgelehnt wird: „Tausendmal in meinem Leben bin ich besiegt worden, aber ich habe niemals aufgegeben. Heute habe ich keineswegs die Absicht, von der politischen Szene abzutreten.“ Der gesunde Menschenverstand, so Havel unter heftigem Applaus der Abgeordneten, fordere den Fortbestand des gemeinsamen Staates von Tschechen und Slowaken. Eine Spaltung des Bundesstaates könne er jedoch nicht mehr ausschließen.
Nach dem ursprünglichen Zeitplan sollte das tschechoslowakische Bundesparlament Havel am 3. Juli wiederwählen. Da die slowakischen Abgeordneten und auch einige tschechische Parteien ihm jedoch ihre Stimmen verweigern werden und es zugleich schwierig sein wird, sich auf einen „Ersatzkandidaten“ zu einigen, wird er — gemäß der Verfassung — voraussichtlich bis zum 5. Oktober im Amt bleiben.
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