Deutschland ist Europameister!

■ Triumph für Vogts: Seine Weltmeister wurden Euro-Champs und straften die EG-Dienstverweigerer

Göteborg (taz) — Es ist vollstreckt — Helmut Vogts hat den Göteborger EG-Gipfel ausgesessen und die EG-Dienstverweigerer aus Dänemark bestraft. Kurz vor Sitzungsende stellte Thomas Häßler einen Antrag auf Freistoß, 18 Meter vom gegnerischen Tor entfernt. Bevor die Dänen ihr Veto einlegen konnten, gab Sitzungspräsident Galler dem Antrag statt. Mit einem satten Schuß ließ Häßler Stefan Reuter keine Chance, der den Ball unhaltbar in Schmeichels Tor abfälschte. Jörg Wontorra, der sich mit einer Kindermannperücke ins Stadion geschmuggelt hatte, fing nach Schlußpfiff Reuters erste Worte auf: „Ja gut. Der Kanzler, äh Trainer, hat gesagt, ich soll dahin gehen, wo's weh tut. Und da bin ich mit dem Kopf hingegangen.“

Mit diesem maßgerechten Ergebnis ist der moralische Verfall der EG soeben noch verhindert worden. Cheftrainer Vogts hat seine staatsbürgerliche Pflicht zur Freude von Hans-Hubert Kohl gehorsam erledigt: „Das wäre ja pure Anarchie, wenn ein Land erst den politischen Konsens boykottiert und dann ohne Vorbereitung Europameister werden würde.“ Zufriedenheit auch bei EM-Beobachter Daum, dessen Konfirmantenanzug endlich zum Anlaß paßte: „Wie ich in 'Bild' schon gesagt habe...“

Betretenes Schweigen dagegen auf dem EG-Gipfel in Lissabon. Gesenkten Hauptes ließ der dänische Außenminister verlauten: „Mit Sanktionen mußten wir rechnen. Aber das man uns gleich die fußballpolitische Blauhelmtruppe geschickt hat.“ In Göteborg wurden nun auch die Ersatzspieler befragt: Münchhausenenkel Andi Möller: „Vielleicht ganz gut, daß ich das Tor nicht gemacht habe. Dann wäre der Druck für mich bei Real Madr... äh, Klaus, wo spiele ich nächste Saison? ... na egal, jedenfalls wäre der Druck dann zu hoch.“ Da endlich kommt des Kanzlers Glückwunschtelegramm: „Ein großer Tag für Deutschland! Toll, wie Rudi das Tor geschossen hat!“ M. Kittmann