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Nichteinmischung zur Disposition

Heute beginnt in Dakar das jährliche Gipfeltreffen der Organisation für Afrikanische Einheit  ■ Aus Dakar Dominic Johnson

An der äußersten Westspitze Afrikas, umgeben von traumhaften Stränden und einem türkisfarbenen Ozean, treffen sich ab heute die Staats- und Regierungschefs der „Organisation für Afrikanische Einheit“ (OAU) zu ihrem alljährlichen Gipfeltreffen. Die Führer Afrikas beraten in einem von Saudi-Arabien gebauten Konferenzzentrum, und französische Militäreinrichtungen halten die Slums der senegalesischen Hauptstadt fern.

Afrika ist weit weg — in vielerlei Hinsicht. Zwar finden Wirtschaftskrise, Verschuldung, politischer Wandel, Krieg, Dürre und Hunger immer wieder Erwähnung in den Reden und Erklärungen der OAU-Außenminister, die letzte Woche hier den Staatengipfel vorbereiteten. Doch weiß jeder, daß die OAU auch beim besten Willen nicht in der Lage wäre, kollektive Machtlosigkeit und nationale Interessen zu überwinden. „Noch nie“, seufzt ein älterer Delegierter, „habe ich so ungeduldig darauf gewartet, daß ein OAU-Gipfel zu Ende geht.“

Die vor einigen Monaten fast sicher erscheinende Annäherung an Südafrika ist durch die dortige negative Entwicklung wieder in weite Ferne gerückt, Somalias Kriege lassen sich ebensowenig in Dakar lösen wie die inneren Konflikte Liberias, Ruandas oder des Sudan. Und die eigentlich innovativen Überlegungen des OAU-Generalsekretärs Salim, durch neue Sicherheitskonzepte das in der OAU-Charta festgeschriebene Prinzip der Nichteinmischung in innere Angelegenheiten der Staaten zu überwinden, werden in der Praxis wohl höchstens dazu führen, die seit 1964 auf dem Papier bestehende „Vermittlungs-, Versöhnungs- und Schiedskommission“ der OAU neu zu beleben. Denn an der nationalen Souveränität will keiner rütteln, der sie hat.

Ansonsten wird sich der Gipfel darauf beschränken müssen, an die ausstehende Durchführung bereits gefaßter Beschlüsse zu erinnern. So ist die vor einem Jahr in Abuja (Nigeria) mit großem Pomp gegründete „Afrikanische Wirtschaftsgemeinschaft“ noch immer Makkulatur — der Abuja-Vertrag hat zur Stunde erst zehn der 34 notwendigen Ratifikationen erhalten. Ähnlichen Appellcharakter hat auch die Diskussion um die Finanzen der OAU. 38 Millionen US-Dollar — fast ein Jahreshaushalt — fehlen in den Kassen der Organisation, die sich aus nach Wirtschaftskraft gestaffelten Mitgliedsbeiträgen alimentiert; der gegenwärtige Jahreshaushalt ist nur zu 25 Prozent gedeckt.

Zwar beschloß die OAU 1990 in Addis Abeba, die Stimmrechte von Mitgliedern zu suspensieren, falls diese zwei Jahre lang keine Beiträge zahlen. Doch heute, da es soweit wäre, erweist sich dies als undurchführbar — nicht weniger als 25 Staaten — der halbe Kontinent — müßten jetzt ihre Stimme verlieren.

So bleibt alles beim alten, und stolz wird verkündet, neun Staaten — an erster Stelle Ägypten und Nigeria — hätten Nachzahlungen von insgesamt 6,6 Millionen Dollar versprochen. Doch der chronische Geldmangel läßt es unmöglich erscheinen, daß die OAU in nächster Zeit wirkungsvolle Eigeninitiativen entfalten kann.

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