: Einig für höhere Mieten im Osten
Bundesbauministerin Schwaetzer einigt sich mit den ostdeutschen Bauministern auf Mieterhöhungen von maximal 2,40 Mark pro Quadratmeter/ Ostdeutscher Mieterbund spricht von faulem Kompromiß ■ Von Eva Schweitzer
Bonn/Magdeburg — Die Mieten in Ostdeutschland steigen zum 1. Januar nächsten Jahres doch nicht so stark, wie Bundesbauministerin Irmgard Schwaetzer (FDP) dies vorhatte. Die Bauminister der neuen Länder einigten sich mit der Ministerin am Samstag auf einen Kompromiß. Demnach werden die ostdeutschen Mieter — je nach Zustand ihrer Wohnung — ab dem 1. Januar 1993 zwischen 75 Pfennig und 2,10 Mark (in Großstädten 2,40 Mark) den Quadratmeter mehr zahlen als bisher. Ab dem 1. Januar 1994 können noch einmal 60 Pfennig mehr genommen werden.
Im einzelnen wird jede Wohnung zunächst um einen Sockelbetrag von 1,20 Mark den Quadratmeter teurer. Hat die Wohnung kein Bad, werden davon 30 Pfennig abgezogen, hat sie keine Innentoilette, verringert sich die Miete noch einmal um 15 Pfennige pro Quadratmeter. Auf diesen Sockelbetrag kommen weitere, sogenannte „Beschaffenheitszuschläge“ von jeweils 30 Pfennig pro Quadratmeter, wenn das Dach, die Fenster und die Fassade in Ordnung sind, zusammen maximal 90 Pfennig den Ouadratmeter. Ab 1994 kommen weitere Beschaffenheitszuschläge von je 30 Pfennig dazu, wenn Hausflur und Treppenhaus und die Installationen in gutem Zustand sind, zusammen maximal 60 Pfennig. Dazu kommt ein Zuschlag von 30 Pfennig den Quadratmeter in Gemeinden über 20.000 Einwohner. Die maximale Mieterhöhung mit allen Zuschlägen beträgt also 2,40 Mark pro Quadratmeter, ab 1994 drei Mark den Quadratmeter.
Weiter soll es bei Neuvermietungen schon ab 1993 einen „freiwilligen“ Zuschlag für Instandsetzungen geben. Dieser beträgt 5,5 Prozent der Instandsetzungskosten, maximal aber ein Drittel der Grundmiete. Der Mieter kann seine Zustimmung zu diesem Zuschlag innerhalb von vier Wochen widerrufen. Nach den ursprünglichen Vorstellungen der Bauministerin sollten die Mieten um 1,20 Mark bis 2,80 Mark pro Quadratmeter steigen. Dazu sollten ein Instandsetzungs- und ein Wiedervermietungszuschlag kommen.
Frau Schwaetzer bezeichnte die Vereinbarung als voll verantwortbar, da die Einkommen und Renten im Schnitt um 20 Prozent gestiegen seien. Die Wohnungsunternehmen könnten nun in erheblichem Umfang instand setzen, für Arbeitslose und Rentner gebe es großzügige Wohngeldsonderregelungen. Alleinerziehende bekommen einen Freibetrag von 1.200 Mark im Jahr pro Kind, Schwerbehinderte von 3.000 Mark. Das Wohngeldsondergesetz wurde bis Ende 1994 verlängert, der Heizkostenzuschuß, der am 1. Oktober diesen Jahres auslaufen sollte, wird noch ein Jahr länger gezahlt.
Der Berliner Bausenator Nagel betonte, daß nun der Zusammenhang zwischen der Miethöhe und dem Zustand eines Hauses hergestellt worden sei. „Es herrscht jetzt Ruhe an der Mietenfront bis 1995“, sagte Nagel. Der Landesgeschäftsführer der brandenburgischen SPD, Martin Gorhold, kritisierte, daß trotz des Kompromisses nicht verhindert werde, daß untere Einkommensgruppen stärker belastet würden. Mieterhöhungen sollten so ausfallen, daß Besserverdienende stärker belastet werden, außerdem müsse es ein staatliches Instandsetzungs- und Neubauprogramm geben. Alle Länderchefs hatten sich prinzipiell für Mieterhöhungen ausgesprochen.
Der Bundesbeauftragte des Mieterbundes für die neuen Länder, Jost Rieke, sprach von einem faulen Kompromiß, der nicht sozialverträglich sei. Es sei nicht geklärt, ab wann der Beschaffenheitszuschlag kassiert werden dürfe. Zudem könne ein Vermieter doppelt kassieren, da Modernisierung ohnehin mit elf Prozent der Investitionskosten auf die Jahresmiete umgelegt werden könne.
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