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Leichtkraft

■ Boris Doempke im KünstlerHaus / Eine Installation nimmt es mit dem Raum auf

Mann mit Brille

Boris Doempke

Was ist das Gegenteil von Schwerkraft? Leichtkraft! Sie wirkt von unten nach oben und läßt die Dinge hochsteigen bis unter die Zimmerdecke. Ein Leichtkraftkünstler ist der Münsteraner Boris Doempke, der sich jetzt auf das Risiko Galerie im KünstlerHaus eingelassen hat. Er hat dort nach Wochen der Arbeit eine bemerkenswerte Installation hinterlassen, die es mit diesem Raum aufnehmen kann.

Risiko: die Galerie zerfällt in zwei Räume, die eigentlich zu zwei verschiedenen Häusern gehören, die immer noch durch eine Dehnungsfuge getrennt sind; sie ist langgestreckt, hat aber eine niedrige Decke, und die Wände bestehen fast ausnahmslos aus Fenstern. Jede künstlerische Arbeit in dieser Galerie ist Auseinandersetzung mit ihr.

Boris Doempke (Jg.55) hat ein etwa zehn Meter langes, filigranes System von gelben zum Teil gebogenen Stäben und Leisten hinterlassen, die unsichtbar an Wand und Decke verschraubt wurden. Es gibt Standpunkte, die an das Modell eines durchgeknallten Bootsbauers denken lassen, dessen wirrer Kutter gen Himmel strebt. Ein zweites, kleineres Leisten-Objekt wirkt noch stärker graphisch-streng: in den Raum geworfene gelbe „Striche“, dynamische Linien. Vom dem Eingang fernsten Punkt der Galerie aus erschließt sich Doemke des Raum, um ihn nach oben „zu verlassen“. Per Leichtkraft.

Leichtkraft wirkt von unten nach oben und läßt die Dinge hochsteigen bis zur Zimmerdecke.

Doempke ist Stipendiat der Karl- Hofer-Gesellschaft in Berlin und Mitbegründer von „Der Standort, Raum für Installation“, eines Ausstellungsprojektes dortselbst. Seit '84 stellt er bundesweit aus. Von Dauer sind nur seine Bilder, deren Gegenstand ebenfalls der Raum ist, der durch nachdrückliche Linien geordnet wird. Die Installationen werden immer wieder restlos zerlegt und teilweise recycled.

„Die ständig wechselnde optische Einstellung, zu der Doempke den Betrachter förmlich zwingt, schafft die Dynamik seiner Arbeit,“ sagt ein Kritiker. Man kann bei Doempke beides haben: Bewegung im „Erlebnis“- Raum, aber auch seine Ruhe — die Dynamik der Installation weist ins All, hinterläßt Leere usw. usf. ... Bus

KünstlerHaus am Deich 68/69. Die Ausstellung ist offiziell vorüber; die Arbeit ist aber noch bis zum 3.Juli anzusehen, wenn man sich unter 508598 anmeldet.

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