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Ratlos über Fixer-Park

■ „Die haben natürlich keinen Bock, daß wir hier sind“ / Fixer fordern „Druckraum“, Grüne ein Klo

„Wenn durch einen Zaun heute ein Problem entsteht, kann ich nicht morgen eine Lösung haben“, sagt der Sprecher des Bremer Gesundheits- und Sozialsenatorin. Soll heißen: die Anwohner des „Ostertorparks“, der kleinen idyllischen grünen Wiese zwischen Weberstraße und Körnerwall mitten im Bremer Ostertorviertel, werden damit leben müssen, daß hinter ihrem Haus ein öffentlicher „Druckplatz“ entstanden ist.

Bei dem guten Wetter halten sich derzeit Tag und Nacht zwischen 40 und 60 Junkies dort auf und drücken sich in aller Öffentlichkeit die Heroin-Spritzen in die Venen. Weil die Sozialbehörde auf Tauchstation gegangen ist, hat jetzt Ortsamtsleiter Hucky Heck die Anwohner für Donnerstag abend (19.30 Uhr) ins Ortsamt geladen und die Sozialsenatorin gleich dazu — „bevor hier im Viertel etwas durchknallt“, so Heck.

Die Fixer sind sich der gespannten Lage durchaus bewußt. „Die haben da natürlich keinen Bock drauf, daß wir hier sind“, erklärte eine 25jährige Frau der taz, die seit acht Jahren drogenabhängig ist, „wenn die die Schnauze voll haben, machen die den Sprenger an.“ In der Tat hat eine Anwohnerin einmal den Gartenschlauch auf die auf der Wiese lagernden Junkies gehalten — bis ein Stein in ihre Richtung zurückflog. Vor Wochen, als die Zahl der Fixer auf der Ostertorpark- Wiese noch überschaubar war, hat ein erboster Anwohner, von dem Lärm morgens um fünf aufgeweckt, mit hochgeschwungener Peitsche die Junkies von der Wiese vertrieben.

Aber weggehen wollen die Junkies nicht. Wohin auch? „Was sollen sie auch verhandeln mit uns?“, fragt eine Fixerin. Ihre Lösung: „Es müßte ein Container dasein“ zum „Drücken“. Die Honorarkraft aus dem anliegenden Ladenlokal der Drogenhilfe ist völlig resigniert. Seit langem schon öffnen die Drogenhelfer nur noch einen kleinen Schlitz in der Tür, um Spritzen zu tauschen — in den Laden lassen sie keinen Fixer mehr. Druckraum — „Wer soll denn da arbeiten?“ fragt Singe Kremer vom AK Drogen. „Eine Klofrau“, findet die 25jährige Drogenabhängige, „könnte ein bißchen aufpassen.“ Wenn sie 50 Pfennig haben, gehen die Junkies jetzt auch schon in die Luxustoilette am Osterdeich, um sich den Schuß zu setzen.

Jetzt passiert das alles vor den Augen der Anwohner auf der grünen Wiese des Ostertorparks. „Mit 5 oder zehn Junkies konnten wir leben“, sagt eine Frau, die im April in ein frei gewordendes Haus eingezogen ist. „Aber nicht fünfzig. Natürlich scheißen und pinkeln die überall hin, nachts ist immer Randale.“ Die Kinder frei herumlaufen lassen? Gar nicht dran zu denken. Am Montag lag einer tot auf der Wiese, und vom Wohnzimmerfenster aus konnten die Anwohner hören, wie die vollgedröhnten Junkies über „Herzmassage“ und „Mund-zu- Mund-Beatmung“ redeten und den Toten ordentlich schüttelten.

Die weniger verelendeten unter den Junkies sehen das Problem: „Das ist ja die Scheiße. Die meisten räumen ihren Dreck nicht weg.“ Die Stadtreinigung hat offenbar aber auch aufgegeben. Zwei Abfall-Tüten hängen mitten im Ostertorpark, der Müll quillt über.

Die Alteingesessenen unter den Anwohnern haben aufgegeben. Der SPD-Beiratsvertreter Dirk Oelbermann mit Familie ist resigniert weggezogen, eine andere Familie auch. Eine hat verkauft und zieht Ende des Jahres aus. „Seit drei Jahren werden wir mit Versprechungen hingehalten“, sagt Anwohnerin Gaby Schneider. „Jetzt sagen auch die gutwilligen jüngeren Leute, daß es nicht mehr geht.“ Die „Neuen“ haben vor zwei Wochen einen Apfelbaum in ihren Garten gepflanzt. „Die Kinder können oft abends nicht einschlafen bei dem Krach. Wir haben ein absolutes Ohnmachtsgefühl“, sagen sie.

Ganztägiges Angebot, Toilettenhäuschen, Stadtreinigung — auf dieses Minimum reduzierten sich gestern die Forderungen der grünen Sozialpolitikerin Karoline Linnert: „Wem das zu wenig ist, der soll weiter auf die große Lösung hoffen.“

Währenddessen tagte in der Behörde der „Arbeitskreis Drogen“ in großer Runde und feilte an der Überarbeitung des Papiers mit der dicken Überschrift: „Drogenhilfeplan“. Die Sozialbehörde versucht, mitten im Autobahn-Kleeblatt an der Auffahrt Vahr neue Übernachtungs-Container aufzustellen — auch da müssen die Drogenkranken jeden Morgen um zehn Uhr raus. K.W.

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