MIT ATOMKRAFT-RUINEN AUF DU UND DU: Strittiger Sanierungsfonds
■ G-7 berät Reparaturpaket für osteuropäische Akw
Berlin (taz) — Die schrottreifen Atomreaktoren sowjetischer Bauart, die in den osteuropäischen Staaten noch am Netz hängen, haben internationale Atomexperten längst als Sicherheitsrisiko ausgemacht. Eine komplette Sanierung, so errechnete das Bundesumweltministerium in Bonn, würde rund 100 Milliarden Mark kosten. Auf dem Münchner Weltwirtschaftsgipfel der reichsten Industrienationen (G-7) soll nun ein Sonderfonds zur sicherheitstechnischen Sanierung der Schrottmeiler geschaffen werden.
Doch ein derartiges Hilfsprogramm, für das sich insbesondere Bundeskanzler Kohl stark gemacht hat, ist bereits im Vorfeld des Treffens heftig umstritten. Während Deutschland und Frankreich den Hilfstopf mit rund sechs Milliarden US-Dollar füllen wollen, geben sich die Regierungen in Washington und Tokio knausrig: Sie sind zwar bereit, ein Kommunique abzusegnen, das die Notwendigkeit zusätzlicher Sicherheitsmaßnahmen für die Ost-Akw unterstreicht, doch den Sonderfonds wollen sie sich kaum etwas kosten lassen. Für Japan sind die brisanten Reaktoren weit genug entfernt, um sich nicht ernsthaft gefährdet zu sehen. Und die US-amerikanische Regierung will sich an keinem Fonds beteiligen, dessen Inhalt in die Taschen der Atommultis Siemens und Framatom fließt. Die beiden Unternehmen, die mit ihrem deutsch- französischen Gemeinschaftsunternehmen Nuclear Power International auch einen neu entwickelten Druckwasserreaktor in Osteuropa vermarkten wollen, sind als die Hauptauftragnehmer eines Sanierungsfonds im Gespräch.
Laut einem Plan der G-7-Arbeitsgruppe soll mit dem Fonds in einem Fünfjahresprogramm die Reaktoren des Tschernobyl-Typs stillgelegt werden. Die WWER- Druckwasserreaktoren der ersten Generation sollen mit begrenzter Nachrüstung noch weitere fünf Jahre am Netz bleiben, die restlichen Meiler nachgerüstet und weiterbetrieben werden. Für Hiltrud Breyer, umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Europaparlament, ist dieses Atomhilfsprogramm für Osteuropa und die GUS- Staaten eine Farce: Auch mit noch so großen Investitionen seien die Reaktoren kaum auf den westlichen Sicherheitsstandard zu bringen. Mittel für die Atomkraftwerke, so ihre Forderung, dürften nur für die Stillegung und die Beseitigung der Strahlenschäden bewilligt werden. es
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