: ALLEN CURNOW
Allen Curnow wurde 1911 in Timaru an der pazifischen Küste der Südinsel Neuseelands geboren. Er studierte einige Semester Theologie — sein Vater war anglikanischer Priester —, wandte sich dann aber dem Journalismus zu und arbeitete als Korrespondent für die Zeitungen 'Press‘ und 'News Chronicle‘. Von 1951 bis 1976 unterrichtete er englische Literatur an der Universität von Auckland.
Neben Essays und Theaterstücken schrieb Allen Curnow vor allem Gedichte. Sein erster Lyrikband kam 1933 heraus. Seither sind sechzehn weitere Bände erschienen, zuletzt The Loop in Lone Kauri Road (1986) und Continuum (1988). In der frühen Lyrik hatte er sich intensiv mit der Indentität und Geschichte seines Landes — „ein Fetzen grüner Erde bei der Achse“ — und der eigenen Kindheit befaßt. Später werden die Gedichte komplexer, länger und meditativer. Ein gutes Beispiel ist Zwielicht. In diesem Gedicht kombiniert Curnow Kindheitseindrücke (Ol'Bill ist eine Gestalt der populären Cartoons aus dem Ersten Weltkrieg), Wahrnehmungen einer Reise (der Zwölferpack Utamaro-Postkarten, den der Tourist auf jedem japanischen Flughafen kaufen kann, enthält kein Beispiel seiner erotischen Kunst), Leseerfahrungen (Flaxman, der Freund Johann Heinrich Füsslis, empörte sich, daß dessen Witwe die erotischen Zeichnungen im Küchenherd verbrannte) und akustische Erinnerungen an eine Toninstallation des amerikanischen Komponisten Alvin Lucier in einer Galerie in Auckland zu einem auf den ersten Blick aus heterogenen Wahrnehmungen bestehenden Gedicht, das auf fast schmerzhafte Weise um das einsame Selbst zu kreisen beginnt. Eines der großen Vorbilder Curnows war, neben Dylan Thomas, vor allem Wallace Stevens, den er in mehreren seiner Gedichte direkt anspricht.
Die Anerkennung dieses über Jahrzehnte anwachsenden, sich verzweigenden, im Alter immer kühner werdenden Werkes blieb lange Zeit aus. Im deutschen Sprachraum ist der heute 82jährige weiterhin ein völlig Unbekannter. Aber in der angelsächsischen Welt gilt er nun als der große alte Mann der neuseeländischen Poesie. Er wurde mit wichtigen Preisen geehrt (1988 Commonwealth Poetry Prize und 1989, ein Jahr nach Derek Walcott, Queens Gold Medal für Poetry). Junge englische Dichter verehren ihn, Michael Hulse bezeichnete ihn als „a modern Master“ und befand: „The Poetry of his old age honours the Art.“ Joachim Sartorius
Bibliographischer Kurzhinweis:
Der einzige greifbare Band ist „Allen Curnow. Selected Poems, 1940-1989“, Penguin Books, London 1990.
Die Gedichte auf dieser Seite sind Erstveröffentlichungen und wurden von Joachim Sartorius übersetzt.
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