: Länder für Fristenlösung
Bundesratsausschüsse stimmen neuem Paragraphen 218 zu ■ Aus Bonn Tissy Bruns
Der Bundesrat wird dem neuen Abtreibungsrecht wahrscheinlich mit deutlicher Mehrheit zustimmen. Die Länder werden jedoch vom Bund verlangen, daß über die finanziellen Folgen des Gesetzes verhandelt wird. Ein Junktim zwischen Gesetzeszustimmung und Finanzverhandlungen, so die nordrhein-westfälische Frauenministerin Ilse Ridder- Melchers, gäbe es aber nicht.
Eine Sondersitzung von gleich drei Bundesratsausschüssen (Gesundheit, Familie und Senioren, Frauen und Jugend) hat sich gestern mit dem neugeregelten Paragraphen 218 befaßt. Elf Länder stimmten dem Gesetz zu, Bayern sagte nein, vier Länder (Thüringen, Baden-Württemberg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt) enthielten sich. Mit elf Ja-, zwei Neinstimmen und drei Enthaltungen nahm der Ausschuß dann den ersten Punkt eines Entschließungsantrags an, der das Gesetz ausdrücklich begrüßt. Bei dieser Abstimmung hat neben Bayern auch Thüringen mit Nein gestimmt. Bei der Abstimmung über die folgenden Punkte, die sich mit den Finanzfragen befassen, stimmte nur Bayern dagegen, Baden-Württemberg und Thüringen enthielten sich. Die Länder fordern zur Finanzierung der Kindergarten- und Hortplätze, die nach dem neuen Recht garantiert werden, einen höheren Anteil am Umsatzsteueraufkommen.
Unter den Bundesländern, die in einer Woche dem neuen Abtreibungsrecht zustimmen werden, befinden sich also auch Berlin und das unionsregierte Sachsen. Das sächsische Kabinett habe sich bei nur einer Gegenstimme dafür ausgesprochen, sagte Staatssekretärin Friederike de Haas. Aus Berlin wurde berichtet, daß auch die CDU in der Regierung das Gesetz befürworte. Die niedersächsische Frauenministerin Waltraud Schoppe (Grüne), die sich eine Lösung ohne Zwangsberatung und Strafbewehrung gewünscht hätte, wandte sich gegen die Befürchtung, Unklarheiten bei den sozialen Begleitmaßnahmen könnten dazu beitragen, das Gesetz in Karlsruhe zu Fall zu bringen. Die Verfassungsrichter hatten in ihrem alten Urteil gegen die Fristenlösung soziale Maßnahmen verlangt. Das Nein aus Bayern wurde mit dem Vorrang des Lebensschutzes vor dem Selbstbestimmungrecht begründet, das Nein zu den Finanzbeschlüssen damit, daß dem „bayerischen Finanzminister“ weitere Belastungen nicht zugemutet werden könnten. Sie verwies auf den Beschluß der Länderfinanzminister, die im Juni befunden hatten, daß das Recht auf Kindergartenplätze von den Ländern nicht zu finanzieren sei.
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