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Australische Melancholie

■ Der Sänger und Trompeter Vince Jones im Kito / Balladen wie frisch gelitten

Der rustikale Dachboden des Kito hatte plötzlich die Aura einer coolen Jazzbar. Ein melancholischer Sänger, dessen Stimme so brüchig und verletzlich ist, daß die Texte der alten Balladen wie „I'm A Fool To Love You“ wieder wie frisch gelitten klingen.

Ein melancholischer Sänger: Die wehmütigen Balladen sind Jones' große Stärke

Manchmal, ganz sparsam und gedämpft, haucht er ein paar Trompetenlinien von der Bühne herunter. Der Pianist antwortet in melodiös elegischen Stimmungen, Schlagzeuger und Bassist umschmeicheln die Arrangements mit behutsamem Swing. Vince Jones hat Stil: Er präsentiert seinen traditionellen Bar-Jazz so gefühlvoll und konsequent, daß es das Vergnügen daran überhaupt nicht mindert, wenn man alles doch schon mal gehört zu haben glaubt.

Er macht auch gar keinen Hehl daraus, daß sein Vorbild an der Trompete Chet Baker ist, aber er kopiert ihn nicht einfach: wenn er Bakers „Let's get Lost“ spielt, dann sind es seine Emotionen und seine Tristesse, die aus dem Horn heraustropfen. Als australische Reinkarnation des weißen Hipster empfindet Jones auch in seinen eigenen Kompositionen die Atmosphäre des Jazz der 50er Jahre präzise nach, und wenn er den Leuten von Greenpeace einen Song widmet, ist das schon fast ein Anachronismus. Die wehmütigen Balladen sind Jones' große Stärke, hier steht er in der Tradition von großen Vokalisten wie Sinatra oder Mose Allison; aber auch Bluessongs und schnellere Stücken mit lateinamerikanischem Timbre sang und bließ er mit lässiger Nonchalance und viel Spielfreude. Pianist Barney McCall, Schlagzeuger Andrew Gander und Bassist Lloyd Swanton begleiteten Jones kongenial, und natürlich waren der Schlips des Pianisten, das Käppchen des Bassisten und der braune Sommeranzug von Jones auch echt cool.

Willy Taub

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