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„Grundrecht auf Asyl erhalten“

■ SPD-Juristen schalten sich in Bremer Asyldebatte ein / Lill wehrt sich

Mit der Forderung, das individuelle Grundrecht auf Asyl zu erhalten, schaltete sich die Bremer Landesorganisation der Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen (ASJ) in die Bremer Asyldebatte ein. Der Asylartikel 16 dürfe nicht aus tagespolitischen Gründen über Bord geworfen werden, mahnte ASJ-Sprecher Wolfgang Grotheer. Damit reagierte die ASJ auf eine Äußerung von Bürgermeister Klaus Wedemeier, der gesagt hatte, daß der Artikel 16 des Grundgesetzes nicht Maßstab eines harmonisierten europäischen Asylrechts sein könne.

Die Verantwortung für die 90.000 unerledigten Asylanträge des vergangenen Jahres liegt nach Meinung der ASJ allein bei der Bundesregierung. Die nämlich habe die zuständige Bundesbehörde in Zirndorf nicht ausreichend ausgestattet, um „mit den ständig steigenden Zahlen von unerledigten Asylanträgen die SPD, die Grünen und Teile der FDP bei der Debatte um die Änderung von Artikel 16 unter Druck zu setzen“, teilte Wolfgang Grotheer mit. Gleichzeitig plädierte er dafür, Asylbewerber, die sich in Deutschland strafbar gemacht haben, konsequent abzuschieben. Dies sei auch ohne Grundgesetzänderung möglich. Im Asylrecht bestehe ein „erhebliches Vollzugsdefizit“, stellte Grotheer fest.

Die ASJ schlägt vor, die EG- Staaten sollten Asylentscheidungen untereinander unter der Voraussetzung anerkennen, daß der Flüchtlingsbegriff der Genfer Konvention zugrundegelegt ist. An den Flüchtlingszahlen würde dies jedoch nichts ändern, gibt Wolfgang Grotheer zu bedenken.

Die Bremer Ausländerbeauftragte Dagmar Lill wünschte sich eine „seriöse Sach-Debatte“ um die Änderung des Asylgesetzes. Die Ausländerbeauftragte sagte, auch sie sei für eine harmonisierte Asyl-und Einwanderungsgesetzgebung, glaube aber nicht, daß das bedeute, „daß im vorauseilenden Gehorsam von uns bereits erreichte politische Inhalte jetzt einfach mal eben schnell aufgegeben werden müssen“.

Auf die Vorwürfe von Bürgermeister Klaus Wedemeier, der die Leiterin der Zentralstelle für Ausländerintegration im Verlauf der Asyl-Diskussion des „blindwütigen Amoklaufs“ bezichtigt hatte, entgegnete Lill: „Wer bei Gegenwind aufrecht geht, verhält sich zwar nicht stromlinienförmig, ist aber deswegen noch kein Amokläufer.“

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