QUERSPALTE: Graue Herren unter sich
■ Wer besetzt wie die Podien zur Stadtplanung?
Und da sind sie wieder: Fünf graumelierte Herren auf dem Podium. Manchmal sind es auch sieben, manchmal zwölf, manchmal hat einer noch blonde Schläfen, und gelegentlich trägt der eine oder andere gar Sandalen und Pullover statt des Anzuges und predigt die Bürgerbeteiligung oder warnt vor der Umstrukturierung. Sie reden über Traufhöhen, Nutzungskonzepte, behutsame Stadterneuerung, stadträumliche Zusammenhänge und historische Grundrisse, über den Palast der Republik, die Hauptstadt, den Potsdamer Platz oder die Friedrichstraße. Und irgendwie sind sie sich immer einig — in der großen Linie.
Fünfundzwanzig Jahre Frauenbewegung sind an den Stadtplanern, so scheint es, spurlos vorbeigegangen. Was sich keine andere Runde mehr erlaubt, hier treffen sich die old boys nach wie vor, sich gegenseitig einladend und sich ihr Expertentum bescheinigend. Der Alibi-Ostler hat sich mittlerweile durchgesetzt, ohne ein oder zwei Alibi-Linke wären solche Veranstaltungen gar nicht mehr denkbar — nur die Frauen sind daraus verschwunden, soweit sie überhaupt jemals präsent waren. Von einigen wenigen abgesehen, an denen man qua Amt nicht vorbeikommt. Wie praktisch ist da etwa die — zweifellos qualifizierte — Baustadträtin von Mitte auf dem Podium: Mit ihr hat man Frauen, Ostler, Bezirke und linke Opposition in einer Person eingeladen — die restlichen elf Plätze können von graumelierten Herren ausgefüllt werden. Nur die Städte, die gebaut werden, die sehen dann auch aus, als seien sie von graumelierten Herren ausgedacht. Trotz der Warnung vor der Umstrukturierung und der behutsamen Stadterneuerung. Eva Schweitzer
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