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Der ersten Seite würdig-betr.: "In der Sackgasse" von Bernd Ulrich, taz vom 23.6.92, Leserbrief "Ökologisches Denken in der Sackgasse, taz vom 1.7.92

Betr.: „In der Sackgasse“ von Bernd Ulrich, taz vom 23.6.92, Leserbrief von Frank Krafft: „Ökologisches Denken in der Sackgasse“, taz vom 1.7.92

[...] Frank Kraffts Diagnose bezüglich der Sackgassen-Situation halte ich für verfehlt. [...] Es nutzt wohl nichts, die Zuständigkeit und das Versagen bezüglich der Ökokrise allein bei den Grünen festzumachen. Ich denke, darüber müßte jeder ökologisch orientiert denkende Zeitgenosse hinweg sein. Zudem unterschlägt Frank Krafft in historischer Perspektive die Bedeutung der Grünen für ökologisch orientierte Politik. Das Problem, das die Öffentlichkeit mit Positionen und einzelnen Vertretern der Grünen nach Frank Krafft hat, und danach eine Ursache für das ökologische Denken in der Sackgasse ist, halte ich eher für eine falsche, um nicht zu sagen fatale Vorstellung dessen, was heute unter Politik(-machen) in der Öffentlichkeit als Bild herrscht. Politik ist heute zur Performance degradiert, sie ist nicht mehr eine Form streitig-diskursiver Auseinandersetzungen von Positionen, Meinungen in der Öffentlichkeit, die die Chance von Meinungsänderung im Diskurs noch in sich trägt. Wer sich öffentlich streitet (was bei den Grünen zugegebenermaßen nicht immer glücklich war, wobei hieran auch die Darstellung der Medien, an dem was Politik eigentlich sei, ein Großteil Schuld mitträgt), hat doch keine Chance auf Wählerzuspruch. Von der CDU/ CSU über FDP bis zu großen Teilen der SPD steht doch „Harmonie“ als Ausdruck guter Politik im Vordergrund — nicht Diskurs.

Im Alltagsbewußtsein von Bürgern ist die Gleichsetzung von Politik=harmonisches Streben zu finden, als auch die fatale Nicht-Repräsentanz ökologischer Probleme und der damit verbundenen Notwendigkeit, danach zu handeln. Auch hier herrscht Performance (mit seinen Folgen für das Alltagshandeln) als Grobstruktur des Alltagsbewußtseins vor.

In der Zeit von Wiedervereinigung, Problemen der sich auflösenden ehemaligen UdSSR u.a.m. gerät die Relevanz der ökologischen Frage völlig unter die Räder und damit die Umgestaltung der im Umbruch befindlichen Staaten und Regionen unter völlig falsche Vorzeichen. Die Umgestaltung vollzieht sich nach kapitalistischen, nicht nach ökologischen Gesichtspunkten. Daß der „Sieg“ des Kapitalismus ein Pyrrhussieg ist, steht wohl außer Frage. Um auf den Rückschritt in ökologischen Fragen hinzuweisen, hätte ich es für nützlich erachtet, daß ein Anliegen, wie es Bernd Ulrich in seinem Beitrag zum Ausdruck bringt, auch eine entsprechende Würdigung erfährt: zum Beispiel dadurch, daß wider jeglicher „Schlagzeilenüberlegungen“ und „Titelseitengestaltungsnormen“ ein solcher Beitrag (auch einmal) auf der ersten Seite abgedruckt wird. Oskar Brilling, Enneppetal

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