„600 Arbeiter weniger“

■ Mercedes-Werkleiter Schreck verabschiedet sich Betr.: taz vom 19.6.1992

Wem es noch nicht aufgefallen ist: Bei Statements, die den Führungsetagen des Mercedes- Konzerns entstammen, handelt es sich meistens um verworrenes Gestammel. Da soll die Produktivität verbessert werden durch „höhere Stückzahlen“, so als könne man Ursache und Wirkung miteinander vertauschen, sog. „angereicherte Arbeitsplätze“ machen — ebenfalls laut Dr. Schreck — eine höhere Arbeitsleistung ausschließlich durch ihre psychologische Wirkung auf die Arbeiter — Stichwort Arbeitszufriedenheit — möglich, und nicht etwa durch die effizientere Technologie. Solche Aussagen können eigentlich nur von Apparatschiks des Konzerns gemacht werden. Ihnen ist es zeitlebens ein heiliges Bedürfnis, die Tatsache, daß Produktionsarbeitsplätze in der Automobilindustrie immer zu den miesesten Jobs gehören werden, die moderne Industriegesellschaften zu vergeben haben, ideologisch zu verschleiern. Vermutlich wird die deutsche Automobilindustrie trotz gesunkenen Personalbedarfs, eines Tages so etwas wie Nachwuchsprobleme haben. Welcher Jugendliche ist denn heute noch bereit, sich selber langfristig zum Anhängsel eines ihm selber übergeordneten Maschinensystems zu machen? Friedemann Schwarz