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Schwere KSZE-Mission in Berg Karabach

Helsinki (taz) — Die von der KSZE beschlossene größere Beobachtermission in die kaukasische Kriegsregion Berg Karabach wird wohl so bald nicht losfahren. Denn Voraussetzung für ihre Entsendung ist, daß der vorgestern in Kraft getretene Waffenstillstand hält. Die Chancen dafür sind nicht gut. Vertreter Armeniens und Aserbeidschans beurteilten gestern auf getrennten Pressekonferenzen in Helsinki die Lage höchst unterschiedlich. Nur in einem stimmten sie überein: daß der Krieg in den letzten Tagen dramatisch eskalisiert sei und daß eine friedliche Lösung gefunden werden müsse.

„Wir werden den Waffenstillstand einhalten, wenn die armenische Seite ihn einhält“, versicherte Aserbeidschans Außenminister Kasimow. „Wir werden ihn einhalten, aber nur an der Grenze zu Aserbeidschan“, sagte Armeniens Ministerpräsident Harutuinian. Wenn sich die armenische Bevölkerung der von aserbeidschanischem Gebiet umgebenen Enklave verteidige, dann hätte Armenien damit nichts zu tun: „Für uns ist das kein nationaler, ethnischer oder religiöser Konflikt, sondern einer um Selbstbestimmung. Berg Karabach ist keine armenische Republik, sondern eine eigene mit ihren eigenen Minderheiten.“

Die Schrecken des Krieges wurden auf den Pressekonferenzen zum Krieg der Zahlen. 10.000 Aserbeidschaner seien getötet worden, 300.000 Menschen hätten die Armenier durch Angriffe auf Transporte von der Versorgung abgeschnitten, 10.000 bis 12.000 Soldaten habe Armenien in Berg Karabach stationiert, lauteten die Beschuldigungen des aserbeidschanischen Außenministers. Mehrfarbige und mit Greuelfotos versehene Broschüren sollten die Angaben untermauern.

Tausende seien allein ind den letzten Tagen der aserbeidschanischen Aggression zum Opfer gefallen, Epidemien und Hunger wüteten, mehr als 50.000 Armenier seien aus aserbeidschanischem Gebiet geflohen, seit Beginn des Konfliktes seien insgesamt an die 400.000 Armenier vertrieben worden, stellte der Ministerpräsident Armeniens entgegen. Daß sein Land reguläre Truppen in die Enklave geschickt habe, bestritt er. Aber, so fügte er schlau hinzu, auch die USA hätten bei verschiedenen Gelegenheiten in Mittelamerika keine normalen Truppen, sondern Rangers eingesetzt. usche

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