: Wenn der Vater mit dem Sohne ...
■ Am Freitag abend startete Ringo Starr im Stadtpark mit seinem Sohn Zak Starkey, seiner All-Starr-Band, seinen gealterten Fans und einer familiären Party den Beginn seiner Deutschland-Tournee
mit seinem Sohn Zak Starkey, seiner All-Starr-Band, seinen gealterten Fans und einer familiären Party den Beginn seiner Deutschland-Tournee
Obwohl er inzwischen im sonnigen Beverly Hills wohnt, schlendert der 52jährige vornehm blaß und schlecht rasiert im kirschroten Jackett vor das Publikum. Das hat etwa ein Durchschnittsalter von 45 Jahren, die Statistik ist nur geschönt durch ein paar versprengte Twens und mitgebrachten Nachwuchs. Männer mit grauen Zöpfchen im Nacken haben sich 30 Jahre nach Richard Starkeys Debut im Hamburger Star Club im Stadtpark eingefunden, hinter Sonnenbrillen schmunzelnd und die Bäuche hinter buntbedruckten T-Shirts kaschiert - ganz andere Autoritäten als die frustrierten Exemplare, die seinerzeit der Beatles-Generation als autoritäre Vorbilder für würdiges Altern vorgehalten wurden.
Ringo ermutigte am Freitag im Stadtpark die, die in all den Jahren genau wie er die Wechselbäder des Älterwerdens mit unterschiedlich starken Blessuren hinter sich gebracht hatten, schon dadurch, daß er sich mit seinem Sohn auf die Bühne setzte, um zwei Stunden mit ihm zusammen zu trommeln.
Mit unvergleichlicher Lässigkeit und getreu des alten Hits „Act Naturally“ spreizt er, der bei den Beatles in der Rolle des subalternen Clowns fürs Sentiment sorgte, zur Begrüßung Zeige- und Mittelfinger zum Victory-Zeichen. Hysterie bleibt natürlich aus. Nicht junge Mädels kreischen, doch auf den Gesichtern im Publikum spiegelt sich eine gewisse Inbrunst, wenn nicht Andacht. Natürlich muß Ringo nicht mehr die ganze Zeit mittrommeln, er selbst hat das Tingeln ja nicht mehr nötig.
Mit so einer Welttournee, die nicht nur Ringos neues Album Time Takes Time verbreiten soll, sondern auch als Härtetraining gegen eventuelle Rückfälle in die Drogenflucht gedacht ist, kann er gleichzeitig seine All-Starrs noch ein bißchen
1featuren, die haben schließlich auch noch den einen oder anderen alten Hit auf der Pfanne. Nachdem Nils Lofgren eine seiner Hymnen ergossen hat, dirigiert Ringo das Publikum: „We all live in a yellow submarine“ kennen schließlich schon die Kleinsten aus der Sesamstraße. Nur sparsam streut er einige Titel seines neuen Albums ein, das musikalisch gefällig, aber vom Beatles- Niveau Lichtjahre entfernt ist. Ent-
1spannt wiegen sich Jinglers und Designer-Jeans friedlich nebeneinander, Wölkchen von Marihuana fliegen hier und da vorüber. Ringo hat seine Suchtphase 20 Jahre nach der Trennung von seinen Kumpels überwunden, er trinke nicht mal mehr Kaffee, gestand er neulich in einem Interview. Und ängstlich ist er geworden, nachdem das mit John passiert war. Fest steht: Er ist älter geworden und seine Musik
1schön einfach geblieben. Obwohl er sich immer noch ähnlich lustig ungelenk bewegt, weder besonders gut trommeln noch singen kann, hat er als Performer der Demontage seines eigenen Denkmals immer noch eine Reichweite bis ins Herz seiner mit ihm älter gewordenen Fans.
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1Erinnerungen, Ringo gibt noch seine ersten Solo-Erfolge „Photograph“ und „You‘re Sixteen“ zum Besten, und schließlich beendet er die familiäre, friedliche Party mit „With a little help from my friends“. Da endlich wurden in der Dämmerung die mitgebrachten Wunderkerzen entzündet, und schon war die Show vorüber - so wie es die glückseligen Tage der Beatles leider schon längst sind. jk
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