: Recht auf Dach über dem Kopf
■ Gericht in Münster: Obdachlose müssen auch tags untergebracht werden
Foto: Katja Heddinga
Das dürfte Bremens Obdachlose interessieren: Das Oberverwaltungsgericht Münster hat in einem Urteil einem obdachlosen Kläger bestätigt, daß er Anspruch auf ganztägige Unterbringung hat. Ein Urteil, das die zuständigen Bremer Behörden zwar ungemein interessiert, doch was das für die Stadt Bremen bedeuten könnte, vermögen sie nicht zu sagen.
„Ein Urteil des Münsteraner Verwaltungsgerichts bindet die Verwaltung in Bremen nicht“, erläutert Rechtsanwältin Barbara Kopp. Dennoch fände es Friedrich Gerstenberger vom Verein „Hilfen für alleinstehende Wohnungslose“ interessant, die Bremer Paragraphen zu prüfen. „Die Verwaltung kann sagen: Das betrifft uns nicht“, sagt Gerstenberger, „bis einer klagt!„ Vielleicht einer der mehreren hundert Wohnungslosen in Bremen?
„Schön“ findet Kurt Huk, der Leiter des Jakobushauses den Urteilstenor, der Obdachlosen das Recht auf ganztägige Unterbringung zuspricht. Probleme, die Wohnungslosen auch tagsüber unterzubringen, sieht er nicht. Das Jakobus-Haus und andere Bremer Einrichtungen bieten seiner Meinung nach genug Platz. Natürlich sei die Entfernung zwischen den jüngst aufgestellten Containern in der Vahr und dem Jakobushaus ein Problem, räumt Huk ein, doch derzeit werde über neue Wohnmöglichkeiten vehandelt. „Unsere Bestrebungen gehen dahin, daß jeder zumindest ein eigenes Zimmer hat und die Tür hinter sich zumachen kann, damit er ein Stückchen Intimsphäre behält“, erläutert Huk. Auch Hans-Jürgen Jurkat, der derzeit die Obdachlosen in den Wohncontainern an der Vahr betreut, würde ganztägige Angebote begrüßen. „Wenn man die Leute morgens gleich entläßt, ist denen nicht geholfen und uns nicht“, sagt der Sozialarbeiter.
In seinem Urteil betonte das Oberverwaltungsgericht, es reiche nicht Obdachlose darauf hinzuweisen, sie könnten sich tagsüber in der Bahnhofshalle, der Bahnhofsgaststätte, in Leseräumen der Bibliotheken oder in anderen geschützten, allgemein zugänglichen Räumen aufhalten oder sich an kirchliche oder caritatvie Stellen wenden. Falls Obdachlose tagsüber in anderen Räumen untergebracht würden als nachts, müßten die Einrichtungen „in einer dem Obdachlosen zumutbaren räumlichen Entfernung voneinander liegen“. dr
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