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Kein neues Waffenplutonium aus USA

Präsident Bush erklärt förmlichen Produktionsstopp für Plutonium/ Proliferationsargument genannt  ■ Von Hermann-Josef Tenhagen

Berlin (taz) — Die USA haben förmlich erklärt, die seit Jahren unterbrochene Produktion militärischen Plutoniums nicht wieder aufnehmen zu wollen. Mit diesem Schritt wollte sie der Weiterverbreitung von Atomwaffen entgegenwirken, sagte US- Präsident George Bush am Montag in Kennebunkport im US-Staat Maine. Exportkontrollen allein könnten die Gefahr der Weiterverbreitung nicht bannen, so der Präsident. Die Nachfrage nach Atomwaffen sei eine „wachsende Gefahr für die nationale Sicherheit der USA und den Weltfrieden“. Der damalige Präsident der UdSSR, Michail Gorbatschow, hatte noch im Oktober einen gemeinsamen Produktionsstopp für Plutonium vorgeschlagen.

Bushs Schritt soll den politischen Druck auf Länder erhöhen, die Atomwaffenpläne haben. Bush kündigte in Kennebunkport Schritte gegen Staaten an, die sich an der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen und den dazugehörigen Trägerraketen beteiligten. Genannt werden Israel, Nordkorea, Indien und Pakistan. In einem Dokument des Weißen Hauses, das neben Bushs Erklärung veröffentlicht wurde, heißt es, die UNO solle Inspektionen in Staaten vornehmen können, die Atomprogramme für militärische Zwecke verfolgen.

Die USA stellen schon seit 1988 kein neues Waffen-Plutonium mehr her. Damals hatte das zuständige Energieministerium wegen der haarsträubenden Umweltverschmutzung die Produktion von Plutonium und hochangereichertem Uran in den US-Atomfabriken stoppen müssen. Der Versuch, eine neue Plutoniumfabik zu genehmigen, wurde 1990 aufgegeben. Am Atomwaffenstandort Hanford im Bundesstaat Washington ist inzwischen eine Sicherungsprogramm angelaufen, um die weitere Verseuchung des pazifischen Nordostens durch die Atomwaffenfabrik aus den vierziger Jahren zu stoppen. Geschätzte Kosten des Programms in Hanford: Über 50 Milliarden Dollar. Weitere verseuchte Atomwaffenfabriken finden sich auch in Tennessee und Ohio.

Die weitere Produktion von Atomwaffen in den USA ist aber weder durch den Stopp von 1988 noch durch die formelle Entscheidung Bushs unmittelbar betroffen. Das vorhandene Plutonium strahlt für Zehntausende von Jahren weiter. Es wird schon heute routinemäßig für den Neubau von Atomwaffen recycelt. Der Natural Ressources Defense Council, ein amerikanisches Umweltinstitut, schätzt die Menge des bei den US-Militärs vorhandenen Bombenplutonium auf 100 Tonnen, von waffenfähigem hochangereicherten Uran auf rund 500 Tonnen. Höchstens ein Viertel davon werde in den US-Atomwaffen „gebraucht“. Der Rest sei schon heute einfach überflüssig.

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