: Billig-Frachter: Spitze im Absaufen
Neuer Rekord in 1991: Weltweit sanken ■ 182 Schiffe
/ Die Hälfte von ihnen fuhr unter
Billigflagge / Auch Hamburger Reederei in der
Negativstatistik: »Jessica« ruht in der Biscaya
Im vergangenen Jahr wurde in der Seeschiffahrt ein trauriger Rekord aufgestellt: Für 182 Schiffe mit einer Gesamttonnage von 1708464 BRT endete die Fahrt über die Ozeane nicht an einem Kai, sondern auf dem Meeresgrund. Das ist die größte Anzahl an Schiffsuntergängen, die es weltweit jemals gegeben hat. Spitzenreiter der Havaristen: Die Billigflaggenländer Panama und Zypern.
Nach Angaben der Gewerkschaftszeitung „ÖTV-Report Seefahrt“, die sich auf Zahlen des „Institute of London Underwriters“ (ILU) stützt — ein Zusammenschluß von Rückversicherern — ist damit die Zahl der Untergänge gegenüber 1990 um 30 Prozent angestiegen, an Tonnage mußten sogar 40 Prozent mehr Verluste abgeschrieben werden.
Die Tonnageverluste übertreffen damit selbst die Rekordjahre 1979 und 1980. Damals waren viele der Untergänge auf Tankerexplosionen zurückzuführen. Dieses Problem habe man nach Auskunft der Rückversicherer mittlerweile im Griff: Besondere Sicherheitssysteme wurden eingebaut. „Im Gegensatz zu 1979 und 1980 lag 1991 keine so einzigartige Ursache für die Schiffsuntergänge vor, die sich vielmehr gleichmmäßig auf alle Schiffstypen verteilen“, heißt es im ILU-Bericht. Es gebe allerdings Hinweise auf die „langsame Verringerung der Sicherheit bei Massengutfrachtern“.
Die traurige Bilanz führen mal wieder die Billigflaggenländer an. Die Hälfte der untergegangenen Schiffe war laut ÖTV-Report Seefahrt unter nur sechs Flaggen gefahren. Während aufgrund des hohen Sicherheitsstandards kein im deutschen Register eingetragenes Schiff zu beklagen war, ist auch ein Schiff der Hamburger Reederei Albert Hausschild gesunken, das unter der Flagge der Karibik-Inseln Antigua/ Barbuda gemeldet war. Auf dem Weg von London nach Lissabon sank der 1635 BRT große Frachter „Jessica“ am 9. Dezember 1991 im Golf von Biscaya.
Im Jahr zuvor waren gleich zwei Hamburger Billigflaggenschiffe abgesoffen: die unter dem Singapur- Wimpel fahrende „Toledo“ der Töpfer-Reederei und die unter der Zypern-Flagge registrierte „Walter Leonhard“ der Hamburger Leon-
1hard/Blumenberg-Reederei. Hamburgs ÖTV-Schiffahrtssekretär Wulf Steinvorth zum letzteren: „Ein völlig durchgemoderter Kahn.“
Deshalb sollten sich nach Auffassung der Gewerkschaft die Hamburger Reedereien, die nicht gewissenlos ihre Schiffe aufs Spiel setzen wollen, vor Ausflaggung hüten. Die ÖTV: „Die ILU-Statitsik sollte zur Pflichtlektüre für diejenigen Kreise der Schiffahrtswirtschaft werden, die sich weiterhin selbstgefällig über Fragen nach Sicherheit von Schiffen und den offensichtlichen Zusammenhang mit Billigflaggen- Registern hinwegsetzen.“ Denn echte Sicherheitsbestimmungen gebe es nun mal nicht auf Billigflaggen-Pötten. Kai von Appen
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