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Sommernachtstraum in der Kassenhalle

■ Die Spandauer Jugendtheaterwerkstatt zeigt nur noch heute ihre Version des Sommernachtstraums »Shakespeare und Percussion« in der Freien Volksbühne

Dichtes Gedränge in der Kassenhalle der Freien Volksbühne. Dem letztendlich siegreich geführten Kampf um einen Sitzplatz folgt die Feststellung, daß nur eine enorme Rückenkrümmung den Blick auf das Geschehen möglich macht. Eine solide Säule versperrt mir die Sicht, ich warte resigniert auf den Moment, da mir das Zuschauen zur körperlichen Qual wird.

Schon bald aber habe ich meine anfänglichen Sorgen vergessen: Der Zauber von Shakespeares »Sommernachtstraum« verfehlt seine Wirkung nicht, die Kassenhalle wird zur Wiese, auf der das Elfenvolk seinen Schabernack treibt. Gar nicht feenhaft und zart kugeln und hüpfen die Unsterblichen durch den Raum, sie trommeln auf den verschiedensten Gerätschaften und Schlagzeugen, überwältigen durch den Geruch nach der cremigen Farbe ihrer weißgeschminkten Gesichter und den rhythmischen Lärm ihres Trommelns.

Schon seit Jahren befinden sich Oberon und Titania, König und Königin der Elfen, im Krieg miteinander und treffen nun zusammen, um an der Hochzeit von Athens Herzog Theseus mit der Amazonenkönigin Hippolyta teilzunehmen. Im mitternächtlichen Wald vor der Stadt spielen sie ihre Streiche, und auch einige Athener werden Opfer dieses Unwesens. Da sind Hermia und Lysander, die fliehen, um vereint sein zu können, ihnen auf den Fersen ist Demeter, den Hermia auf Wunsch ihres Vaters heiraten soll, gefolgt von Helena, die wiederum Demeter liebt, aber verschmäht wird. Die Elfen, ihnen voran der Kobold Puck, schaffen Verwirrung unter den Liebenden, abwechselnd fühlt sich mal das eine Mädchen, mal das andere geächtet. Mit viel Witz wird die selbstbewußte, aber harmlose Dummheit einiger Handwerker geschildert, die zu Ehren der großen Hochzeit ein Theaterstück aufführen wollen und mit ergreifender Ernsthaftigkeit auf die komischsten Ideen verfallen.

Die Spandauer Jugendtheaterwerkstatt macht Halbstarke aus ihnen, die mit gewollt lässigen Gebärden ihr Bier trinken und stundenlang mit dem Gameboy beschäftigt sind. Solche, der heutigen Zeit angepaßten Einflechtungen wirken überhaupt nicht störend, eher sind sie erfrischend originell, auch die kaum veränderte Shakespearesche Sprache kommt sehr natürlich aus den Mündern der 16- bis 26jährigen. Sie erhält noch mehr Aktualität und Leben durch das bunte, angenehm unroutinierte Spiel der Darsteller.

In Vorbereitung auf ihr Rußlandgastspiel zeigen die Spandauer ihre bereits 1991 erstaufgeführte Theaterproduktion in veränderter Fassung und zum Teil mit russischer Sprache: Ein weißer Kobold kommentiert belustigt oder erstaunt die deutsch geführten Gespräche.

Durch Geldspenden soll auch Ansiedlern aus Rußland der Besuch der Produktion ermöglicht werden. Weiterhin werden die Theater Berlins gebeten, ihren unter finanziellem Druck stehenden russischen Kollegen mit Sachspenden (gebrauchte Materialien aus der Beleuchtungs- und Tontechnik, Bühnenstoffe) zu helfen. Irene Brie

Nähere Informationen zum Spendenprojekt unter Tel. 6239859.

Der »Sommernachtstraum« nur noch heute abend, 20 Uhr.

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