: Ausdruck der Gefühlslage
■ Die Gystel-Sammelbewegung für Gerechtigkeit
Die Gystel-Sammelbewegung für Gerechtigkeit
Die am 11.7.92 gegründete Gerechtigkeitssammelbewegung ist ein Ausdruck der Gefühlslage im vom Westen kolonialisierten Osten Deutschlands. Sie ist eine logische Reaktion auf die Blindheit der in Wirtschaft, Ämtern und Parlamenten bestimmenden westdeutschen Kräfte. Alleine die lautstarke Empörung dieser Kräfte auf die Gründung ist aber noch kein Grund dafür zu glauben, durch diese Sammelbewegung wirklich mehr Gerechtigkeit erreichen zu können. [...]
Für die Sammelbewegung sehe ich nur dann Chancen auf gesamtdeutsche gesellschaftliche Veränderungen, wenn es ihnen gelingt, die ostdeutsche Bevölkerung zu eigenen Aktivitäten zu mobilisieren. Dazu gehört aber auch eine ehrliche Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit, das heißt, wie weit die Menschen selbst das Honecker-Regime aktiv mitgetragen haben. Der Selbstbetrug der Westdeutschen über ihre eigene mangelnde Vergangenheitsbewältigung rechtfertigt nicht die Verdrängung der Ossis. Die ehrliche Vergangenheitsbewältigung der Ossis und Wessis ist der Schlüssel für eine neue, gerechte Gesellschaft. Erst sie setzt neue kreative schöpferische Energien für den notwendigen Erneuerungsprozeß frei. [...]
Die Begründung des Komitees, es will ein Abdriften nach rechts verhindern, halte ich für vorgeschoben. Solange es noch nicht mal Ideen aus der Misere entwickelt, ist die Drift nach rechts nicht aufzuhalten, weil die Rechten mit ihrer Ausländer- Sündenbock-Theorie da etwas mehr anbieten. Solange die DDR-Bevölkerung von anderen, egal ob sie jetzt Honecker, Kohl, Thierse, Stolpe, Hildebrandt, Diestel, Gysi, Schönhuber oder wie sie sonst heißen mögen, die Problemlösung ihres Lebens erwarten, werden sie immer zu den Ausgebeuteten gehören. Friedhelm Sroke, West-Berlin
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