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Wedemeier: „Dagmar Lill läuft Amok“

■ Betr.: taz Bremen vom 8.7.1992

Frau Lill hat doch recht, wenn Sie sagt, daß Bürgermeister Wedemeier versucht, „die Stadt Bremen mit juristischen Finessen und Stacheldraht vor den Migrationsbewegungen abzuschotten“ — siehe die unrechtmäßige Abweisung von Rumänen 1991 — die Praxis der wochenlangen Hinausschiebung der Annahme von Asylanträgen, womit gerade jetzt —zig Asylbewerber ins neue Asylverfahrensgesetz hineingedrängt wurden, obwohl sie vor dem 1. Juli ankamen — die Verschärfung des Besuchsrechts von Familienangehörigen und Freunden selbst aus EG-Ländern, mit der völlig unbegründeten Begründung des „Verdachts auf längeren (illegalen) Aufenthalt etc.

Herr Wedemeier sollte sich besser einmal den Ton und Inhalt dieser seiner Beamten anhören, die diese Art von Abweisung täglich auf Behörden wie Sozialamt, Wohnungshilfe und Ausländerbehörde praktizieren, dann wüßte er, wovon Frau Lill nur ansatzweise spricht.

Auch ohne Stacheldraht sind Flüchtlinge in Bremen längst in Turnhallen, ehem. Schwesternwohnheimen, Schiffen und anderen unwürdigen Massenquartieren und „Absteigen" eingepfercht und untergebracht.

Mit seiner allgemeinen Phrase „Wir Deutschen können die Welt nicht im Alleingang retten“ unterstützt Herr Wedemeier nur die schon bestehenden Vorurteile der einheimischen Bevölkerung, derer er sich sicher sein kann und von denen die meisten auch nicht vorhaben, wenigsten ein bißchen von dem Erbeuteten dieser nun hierher kommenden Flüchtlinge zurückzugeben.

So gilt es dann nicht mehr, die Vorwürfe von Frau Lill zu diskutieren, sondern diese werden „in Form und Inhalt“ als „unsachlich“ und „einer bremischen Beamtin“ als „unwürdig“ bezeichnet. Geht es hier um Sachen oder Menschen??? Menschen, die so denken wie Frau Lill, sollen so in diesen oben genannten Institutionen „gleichgeschaltet" werden, oder sie müssen gehen! Sissohor

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