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Polizei blind und taub

■ Hamburgs Kripo-Chef beklagt Hilflosigkeit der Polizei im Kampf gegen organisierte Kriminalität / Lauschangriff statt Drogen-Legalisierung?

beklagt Hilflosigkeit der Polizei im Kampf gegen Organisierte Kriminalität / Lauschangriff statt Drogen-Legalisierung?

Mehr Rechte für die Polizei im Kampf gegen die Organisierte Kriminalität hat der Hamburger Kripochef Wolfgang Sielaff gefordert. In einem Interview der Welt am Sonntag spricht sich Sielaff dafür aus, der Polizei die Einsicht in die Steuerakten Verdächtiger zu ermöglichen. Darüberhinaus müsse die Berechtigung zum Einsatz elektronischer Mittel für Lauschangriffe ausgeweitet werden.

Sielaff erklärte das erst vor wenigen Wochen in Bonn novellierte Gesetz zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität für unzureichend. Es gebe nach wie vor keine Einsichtsmöglichkeiten in die Steuer-Erklärungen zum Beispiel von mutmaßlichen Drogendealern: „Wenn wir heute Ermittlungen gegen einen Rauschgifthändler führen und bei ihm eine Million Mark Bargeld finden, die offenkundig aus Drogengeschäften stammen, so ist es für uns fast unmöglich, die Herkunft dieser Gelder nachzuweisen.“ Sielaff plädierte auch dafür, die Beweislast in Zusammenhang mit der Beschlagnahmung krimineller Vermögen umzukehren, wie es in den Vereinigten Staaten bereits praktiziert werde. „Bei uns nimmt der Täter im Extremfall die Millionen nach seiner Verurteilung wieder in Empfang.“

Der Kripo-Chef beklagte die Hilflosigkeit der Polizei gegenüber Top-Kriminellen, von denen man in bestimmten Fällen zwar wisse, wann und wo sie ihre Verbrechen verabredeten. Auch nach der Novellierung der Gesetze zur Bekämpfung der Organisierten Kriminalität stehe die Polizei aber allzu oft „blind und taub daneben“, da der Einsatz entsprechender elektronischer Mittel (Wanzen, Richtmikrophone) nicht erlaubt sei.

Nach dem Anfang Juni vom Bundestag verabschiedeten Gesetz zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, ist es der Polizei weiterhin untersagt, Abhörmikrophone in Privatwohnungen anzubringen. Gegen diese von Sielaff jetzt erneut geforderte Möglichkeit zum großen Lauschangriff hatten sich Datenschützer und Bürgerrechtler ausgesprochen.

In Hamburg gibt es nach Meinung Sielaffs zwar zunehmend organisierte Kriminalität, aber keine festen Strukturen oder gar einen „Big Boss“, der alles kontrolliere. Die Bluttaten der letzten Zeit auf St. Pauli zeigten, daß hier verschiedene Gruppen versuchten, die jeweils andere Seite auzuschalten. Der LKA-Boss macht vor allem ausländische Banden für die Brutalisierung der Kiez-Auseinandersetzungen verantwortlich.

Obwohl Sielaff einräumt, daß der Rauschgifthandel einen wesentlichen Aspekt der Organisierten Kriminalität darstellt, sprach sich der Kripo-Chef dagegen aus, den Dealern durch eine Legalisierung harter oder weicher Drogen den Boden zu entziehen. Eine Drogenfreigabe könne nur im europäischen Rahmen diskutiert werden, da ein Vorpreschen Hamburgs oder Deutschlands „eine ungeheure Magnetwirkung“ mit sich bringen würde. uex/dpa

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