: Olympische Pleite
■ Reagan und Gorbatschow wissen noch nichts von Diepgens Idee
Berlin. Berlins Regierender Bürgermeister Eberhard Diepgen hat bei seiner Ankündigung, Michael Gorbatschow und Ronald Reagan als Olympia-Fürsprecher zu gewinnen, den Mund wohl etwas voll genommen (die taz berichtete). Wie Senatssprecher Eduard Heußen gestern erklärte, wissen die beiden einstmals mächtigsten Männer der Welt noch gar nichts von ihrem neuen Job. Es finden nunmehr Gespräche mit ihnen statt, denn die beiden seien bei der Wiederherstellung der Einheit »in hervorragender Weise beteiligt« gewesen. »In diesem Sinne« sollen sie für Olympia gewonnen werden.
Offen ist allerdings auch noch, wann dies geschehen soll. Diepgen ist »sicher«, daß bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde die beiden Ex-Präsidenten sich für die Olympiade in Berlin aussprechen werden. Ob Reagan und Gorbatschow überhaupt gleichzeitig am 9.November geehrt werden, ist nach Heußens Worten, »unklar«.
Zwar hatte sich die Berliner SPD dafür eingesetzt, Gorbatschow am 9.November zu ehren, sich jedoch gegen eine gleichzeitige Würdigung Reagans gewandt. Denn der habe, so die Begründung von SPD-Fraktionssprecher Peter Stadtmüller, vom Fall der Mauer nur geredet, während Gorbatschow sich daran beteiligt habe. Auch die CDU, die Reagans Parallelwürdigung vorgeschlagen hat, will, nach den Worten ihres parlamentarischen Geschaftsführers Volker Liepelt, darin kein Junktim sehen.
Bei dem zu erwartenden Gerangel um die Ehrenbürgerschaft ist außerdem höchst fraglich, ob die Termine wie geplant eingehalten werden können. Heußen sprach gestern vorsichtigerweise nur noch von einem Ehrungsdatum »irgendwann im Herbst«.
Zuversichtlich ist Diepgen, daß Bundeskanzler Kohl bis Ende des Jahres »ein eindeutiges Engagement« für Berlin bekunden wird. Heußen ortet bereits entsprechende »positive Signale aus Bonn«. Das letzte, keineswegs positive Signal zur Olympiabewerbung hat Kohl im Mai gesetzt. Damals hat er die Berliner aufgefordert, sie sollten »mal unterbreiten, was das kostet und wie das aufgebracht wird«. Vorher werde er darüber gar nicht reden. Bislang sind die Berliner dieser Aufforderung nicht nachgekommen. In Barcelona hatte der Geschäftsführer der Olympia-GmbH, Axel Nawrocki, hingegen bereits behauptet, daß die Bundesregierung und das Land Berlin die notwendigen Infrastrukturmaßnahmen für die Olympischen Spiele absichern.
Daß sich Diepgen um Gorbatschow als Fürsprecher Berlins bemühen will, ist bei den Olympia- Konkurrenten Berlins auf Kritik gestoßen. Manchester gab prompt die Parole raus, »Bewerbung nur auf Grundlage des Sports« zu betreiben und Mailand verkündete gar: »Wir brauchen keine Politik.« dr
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