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Streit um „Iswestija“

■ Kontroverse zwischen Jelzin und dem Parlament

Moskau (dpa) - Um die Unabhängigkeit der liberalen russischen Abendzeitung Iswestija zeichnet sich in Moskau ein Machtkampf zwischen Präsident Boris Jelzin und dem Parlament ab. Das Parlament hatte am Freitag beschlossen, die Zeitung, die sich nach dem gescheiterten August-Putsch für unabhängig erklärt hatte, wieder unter seine Kontrolle zu nehmen. Jelzin ließ am Samstag erklären, er bedauere diesen Versuch. Er wolle „alle notwendigen Maßnahmen im Rahmen der Verfassung und des Pressegesetzes für die Verteidigung der demokratischen Massenmedien unternehmen“.

Der russische Parlamentsvorsitzende Ruslan Chasbulatow bekräftigte unterdessen in einem Fernsehinterview am Samstag abend seine Medienkritik. Seiner Auffassung zufolge benutzen einige Zeitungen und Fernsehprogramme „die Waffe der Pressefreiheit“ zum Kampf gegen das Parlament. Wenn im Strafgesetzbuch die Verantwortung der Journalisten festgelegt wäre, müßte sich das Parlament nicht mit dieser Frage beschäftigten, meinte Chasbulatow. Der Versuch, einen Medienkontrollrat einzurichten, war im Parlament am Freitag jedoch gescheitert.

Jelzin habe die Ergebnisse dieser Parlamentsdebatte über die Massenmedien „mit großer Besorgnis aufgenommen“, heißt es in der von den Moskauer Nachrichtenagenturen wiedergegebenen Erklärung seines Sprechers Wjatscheslaw Kostikow. Besorgnis habe bei Jelzin auch „die Bestrebung des Obersten Sowjets hervorgerufen, die kritische Analyse seiner [des Obersten Sowjets] Tätigkeit zu ersticken“. Die Chefredaktion der Iswestija hatte nach dem Ende der Parlamentsdebatte am Freitag bereits angekündigt, daß sie das russische Verfassungsgericht einschalten wolle.

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