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Giftmüllofen erhitzt die Gemüter

■ Der „Runde Tisch“ zur Einrichtung eines dritten Giftmüllofens in Biebesheim ist gescheitert

Frankfurt/Main (taz) — Die CDU im hessischen Landtag fordert seinen Kopf. Die Bürgerinitiativen aus dem hessischen Ried reden schon seit einem halben Jahr nicht mehr mit ihm. Und die Grünen im betroffenen Landkreis Groß-Gerau opponieren in Sachen Ofenbau gegen ihren eigenen Minister. Seit Ende vergangener Woche hat auch die Kommunale Arbeitsgemeinschaft (KAG) dem hessischen Umweltminister Joschka Fischer die Gefolgschaft versagt und das Tischtuch auf dem „Runden Tisch“ zerschnitten: Die Vertreter der Kommunen und Landkreise rund um die Sondermüllverbrennungsanlage der Hessischen Industriemüll GmbH (HIM) im südhessischen Biebesheim warfen den zwölf Monate lang am „Runden Tisch“ ausgehandelten Vertrag über den Bau des dritten Riesenofens schlicht auf den Müll. Nach Auffassung der KAG habe das Vertragswerk nicht die Gewähr dafür bieten können, daß in Biebesheim in Zukunft nur Giftmüll aus Hessen verbrannt wird und sich die Betreibergesellschaft an die ausgehandelte Mengenbegrenzung hält. Mit diesem demonstrativen Akt der KAG endete Joschka Fischers Versuch, die Betroffenen in die Entscheidungsfindung über den Ofenbau einzubinden. Die Bürgerinitiativen hatten den „Runden Tisch“ schon vor einem halben Jahr verlassen, weil sie sich nicht über selbigen ziehen lassen wollten. Für die oppositionelle CDU hat Fischer „versagt“, weil man in Sachen Biebesheim nach einem Jahr der Verhandlungen wieder auf den ursprünglichen Stand der Dinge zurückgeworfen worden sei. Jetzt sei der Ministerpräsident gefordert. Den will auch die KAG mit dem Ziel anrufen, die von Fischer und der HIM abgelehnten Neuverhandlungen doch noch durchzusetzen. Wie Fischers Sprecherin Renate Gunzenhauser erklärte, müsse jetzt das vor einem Jahr unterbrochene Genehmigungsverfahren durchgezogen werden. „Was die HIM nach dem Scheitern der Verhandlungen für Unterlagen in das Verfahren einbringt, entzieht sich meiner Kenntnis.“ Die Grünen vor Ort, die den Abriß einer der beiden alten „Schadstoffschleudern“ gefordert hatten, falls der dritte Ofen tatsächlich gebaut werden sollte, reagierten „mit einem lachenden und einem weinenden Auge“ auf das Scheitern der Verhandlungen: „Den Vertrag hätten wir im Kreistag gleichfalls abgelehnt“, sagte die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Kreistag Groß-Gerau, Karin Fischer. Allerdings stehe jetzt zu befürchten, daß die HIM auch alle positiven Aspekte aus dem Vertragswerk streiche. Karin Fischer: „Eine völlig verfahrene Kiste — für Joschka und für uns.“ kpk

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